Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1952

Steyrer blicken von seiner Rundbank aus über die Giebelflur Steyrdorfs gegen die Gebirge und zu ihren Füßen spielen die Kinder. Wenn aber der alte Stamm seine Lebensdauer überschritten haben wird, so steht auch schon sein Nachfolger da, denn im geräumigen Hohlraum des Alten wächst seit einem hal¬ ben Jahrhundert ein kräftiger Nachfolger. Aehnliche Wächter vor dem Gottes¬ acker sind die fast 300jähr. Föhre vor dem Eingang des Losensteiner Friedhofes und die beiden Rieseneschen von Seewalchen. Das westlichste Kirchlein von Oberösterreich, von dessen Hochterrasse man von Radegund über die Salzachauen ins bayrische Land blickt, zeigt einen prachtvollen Kranz von Ulmen und Wallnußbäumen um den idyllischen Friedhof. Den künstlerisch voll¬ endetsten Einklang von Friedhof mit seinem Bewuchs zeigt der Kirchenflügel von Leonstein im Steyrtal mit zwei großen Roßkastanien am Eingang und zwei mächtigen Linden im Hintergrund, ein von namhaften Meistern (Lach, Compton, Weidinger, Heilmann) gewähltes Motiv. An Stifte, Klö¬ ster, Kapellen, Bildstöcke, „Marteln“ Wegkreuze, hat sich in österreichischen Lan¬ den seit jeher schöner Busch und Baumwuchs angeschlossen, wo Boden und Raum es einigermaßen gestatteten. Das in ländliche Heckenlandschaft wunderbar eingebettete Kloster Gleink besitzt zwar keinen Klosterpark, wie Stift St. Florian, Wil¬ hering oder Kremsmünster, wohl aber innerhalb seiner Mauern einen eigentlichen „Zwergengarten“ wo aus dichten Buchsbaum¬ hecken absonderliche Gnomengestalten aus Sand¬ stein hervorragen und von der wunderlichen Vor¬ liebe längst vergangener Jahrhunderte für aller¬ hand Zwergenwuchs und Mißbildungen der menschlichen Figur zeugen. Erfreulicher ist der mit gelben Seerosen bestandene, mit dichten Er¬ len= und Hornbäumen eingefaßte Klosterteich, und die beiden großen Kastanien beim Südwest¬ söller, wo sich alle Frühjahr die Stare von weit und breit treffen und konzertieren. Ein An¬ satz einer Weißbuchenallee weist auf den Kloster¬ eingang und diese Linie setzt sich durch alle drei Geschützte Baumgruppe (Linde Höfe bis zur Hinterwand des letzteren fort, wo und Weymouthskiefern) ober dem Schloß Steyr, vor Trattenbach. sie noch eine malerische Fortsetzung findet. Der „Steinerne Bildstock“ von Gleink an der Ennserstraße —vermutlich ein primitives Pestmarterl — ist von drei hohen Robinien (= sog. Akazien) umstanden. Schöne Begleiter von Landkirchen sind wohlgewachsene Spitz= oder Pyramidenpappeln, wie in Weichstetten und besonders in Aschach a. d. Steyr. Hier schmückt ein zwei Stock hoher Efeu das Kriegerdenkmal an der Apsis der Kirche. Von den bei Spitzpappeln auf minderem Boden recht üblen Folgen von Wipfeldürre ist bei den zehn schönen Exemplaren Aschachs nichts zu sehen, da sie rechtzeitig und kunstgerecht ein¬ gekürzt worden sind. Aschach ist auch um eine andere Entstellung gut herum¬ gekommen, denn es konnte bei der Kommission für Trassierung der 220=KWh¬ Leitung Kaprun=Ernsthofen vermieden werden, daß einer der Riesen¬ maste gerade über das Ortsbild kam. Eine hervorragend schöne Harmonie zwischen Kirche und Baum ist bei dem schon gepriesenen Bergkirchlein St. Ulrich zu verzeichnen. Aus der breiten Krone des gegen 4 Jahrhunderte alten Lindendrillings, der am Hügelabhang neben der Kirche steht, ertönt zur Blütezeit ein an leise Orgelpräludien ge¬ mahnendes Brausen. In vorbildlicher Weise wurde die Pfarrhauslinde an der Hochterrasse von 101

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