Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1952

diesen Orten Rosse durchkommen.“ Aber auch diese Schwierigkeiten wurden gemeistert, doch erlebte Gasteiger die Vollendung seines Werkes nicht mehr. Als er am 26. Dezember 1577 die Augen schloß, war der Schiffweg nur bis zur Wandauerbrücke fertiggestellt. Erst im Jahre 1583 schienen alle Hemm¬ nisse für den Eisentransport auf Schiffen von Hieflau bis Steyr beseitigt, aber die Instandhaltung der ungefähr 80 Kilometer langen Flußstraße blieb immer kostspielig. Wie es sich bald herausstellte, hatte Gasteiger den Roßweg zu tief angelegt; statt ihn durch die Felsen zu bauen, senkte er neben den Wänden Schlachten in die Enns, die dem Hochwasser besonders ausgesetzt waren. Es wurde deshalb schon 1584 dort, wo es notwendig war, der Treppelweg höher angelegt und in der Strub und in der Kripp durch das Gemäuer gebrochen. Die Schiffe, die man für den Warentransport auf der Enns benützte, nannte man „Zillen“ oder „Waldeln“. Ihre Herstellung besorgten die „Schiff¬ hacker“ oder „Schoppenmeister“. Vorne, am „Kranzel“ („Gransl“) liefen die Schiffwände in eine Schneide zusammen und waren hier niedriger gebaut als am rückwärtigen Ende, an der „Stuhr“ oder dem „Stoir“, damit die Zillen beim Bergfahren nicht Wasser schöpften. Sie hatten eine Länge von 14½ Klafter, eine Breite von 9½ Schuh und einen Tiefgang von 28—29 Zoll, kurze Ruderbäume am vorderen und zwei am rückwärtigen Ende dienten zwei Steuerung. zur Zur Bemannung eines Waldels gehörte der Zillenmeister, auch Nauführer genannt, der Steurer, einige ordinäre Schiffleute, zwei Kranzelmeister oder Schiffreiter und ein Aufleger, der mit einer Stange das Zugseil über die felsigen Hindernisse hinwegleiten mußte. Die Schiffleute werden als durstige, harte und fromme Menschen geschildert, die den hl. Nikolaus als Schutzpatron verehrten. Ihren Jahrtag feierten sie im Gasthaus zum „Goldenen Schiff“ am Grünmarkt. Die Bespannung einer Zille bestand in der Mitte des 19. Jahrhunderts vier Pferden, deren Zahl in früheren Zeiten jedoch größer war. aus Flußaufwärts beförderten die Schiffe Getreide aus den „Frucht= oder Troadkasten der Innerberger Hauptgewerkschaft (Innerbergerstadel) und son¬ stige Güter. Da der Schiffweg mehrmals das Ufer wechselte, mußten an solchen Stellen die Pferde in der Zille zum gegenüberliegenden Ufer geführt werden. Die Instandhaltung des Schiffweges oblag den „Wasserleuten“. Sie hat¬ ten angeschwemmte Hindernisse zu beseitigen und mußten Streifbäume auf¬ legen, damit das Zugseil nicht beschädigt wurde. Auf der Rückfahrt nach Steyr bestand die ungefähr 240 bis 280 Zentner schwere Ladung zumeist aus Roheisen, Stahl und Kleineisenzeug, außerdem wurden die zum Gegenziehen verwendeten Pferde im Schiff mitgeführt. Die Talfahrt, die mit einer durchschnittlichen Stundengeschwindigkeit von 10 Kilo¬ metern vor sich ging, war nicht ungefährlich. Der Nauführer mußte mit der Flußstrecke genau vertraut sein und die Stromschnellen, Engstellen sowie die Wasser befindlichen Felsen, die „Kugeln“, genau kennen. Manche dienten im zur Feststellung des Wasserstandes und trugen besondere Namen, z. B. der Has, die Sau, der Wolf, der Ochs, der Bachofen u. dgl. Die zahlreichen Hammerwerke in den Seitengräben des Ennstales er¬ hielten über die Ladstätten ihr Eisen. Solche Landungsplätze waren in Hieflau, Großreifling, Altenmarkt, Kastenreit und Großraming. Die Eröffnung der Kronpring=Rudolf=Bahn in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts führte das Ende der Ennsschiffahrt herbei, die vor ihrer Stillegung jährlich ungefähr 56.000 Zentner Eisen nauwärts und 20.000 Metzen Getreide sowie 1200 Zentner andere Güter gegenwärts verfrachtete. Bald wurde es still auf dem Landungsplatz hinter der Dominikanerkirche, der einst mit großen Kosten und Mühen erbaute Treppelweg wurde dem Verfalle 96

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