Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1951

zu viel bös' sein auf mi. I geh den Weg, weil i nit anders kann. So und jetzt b’hüt di Gott!“ Wir erkennen unsere Eva aus Dusterbach leicht wieder. Der Zufall wollte es, daß die Unternehmende, kaum auf Deck, dem Heini gegenüberstand. Die Rede kratzte in seiner Kehle, als er sie so plötzlich wiedersah: „Ah, die Ev', sie kann's nit sein... Sie nahm ihn bei der Hand und führte ihn in eine Kajüten¬ nische. Er folgte ohne Willensäußerung. Als sie ihn so verblüfft dastehen sah, lachte sie ihm ins Gesicht. „Glaubst jetzt, daß i di gern hab'?“ Er sagte nichts und preßte sie stürmisch an sein Herz. Nach sechstägiger Fahrt betraten sie den Boden der Vereinigten Staaten. Das Ziel der Reise war Milwaukee. In einer Kohlengrube in der Nähe der Stadt fand der Waldhausersohn Beschäftigung. Die Arbeit war hart, der Lohn zwar dreifach höher wie in einem Bergwerke der Heimat, dafür standen aber auch die Preise der Bedarfsgegenstände in diesem Verhältnis. Die Enttäuschung der Ankömmlinge war daher allgemein. Sie hatten sich goldene Berge vor¬ gezaubert und standen nun im Nebel einer fremden, ganz und gar nicht trost¬ vollen Umgebung. Der fremden Sprache unkundig, waren sie auf Verkehr untereinander und mit länger seßhaften Landsleuten angewiesen. Der alte Waldhauser, der daheim mit der Pfeife im Mund den Tag über herumgehen konnte, mußte nun bei leichteren Handarbeiten mittun. Das zehrte an ihm und schon nach einem Vierteljahre, knapp nachdem sein Sohn sich hatte Eva als Weib antrauen lassen, legten sie ihn in die fremde Erde. Die jungen Leute hatten viel zu schaffen. Heini außer Haus, Eva in der Wirtschaft. Der Mann ging nur sinnend und traurig seinen Obliegenheiten nach. Der Stoffel schrieb und andere Heimatleute dasselbe. Nämlich daß der Zusinger sehr wütend gewesen war, als er den Streich von der Oberhupfunte¬ rischen erfahren. Er müsse Pläne mit ihr gehabt haben. Nun schleiche er um die Plona herum und setze ihr nach. Diese Mitteilungen fraßen sich in Heinis Sinnen ein. Er machte die be¬ klemmende Entdeckung, daß sein zweites Herz nicht abgestorben war. Der arme Tropf! Zwei Herzen sind ein Uebel, an dem man zugrunde geht. Er bekam eine unbezwingbare Sehnsucht nach Plona und nach der Heimat. Dreimal sah das Frühjahr bereits dieses stille Leiden. Heini alterte merk¬ lich und war abgezehrt. Die Grubenarbeit schlug ihm schlecht an. Eines Juni¬ tages kam er fieberglühend nach Hause und als er nach wochenlangem Lager wieder aufstehen konnte, blieb eine andere, noch tückischer Krankheit zurück, die Lungenschwindsucht. Je mehr ihn die Kräfte verließen, umso größer wurde das Sehnen nach der Heimat in ihm. Traumverloren schaute er vor sich hin: „Die Erd' möcht' i küssen, wenn i noch einmal die Heimat sehn könnt'!" Das rot¬ geweinte Auge seiner Frau gab ihm keine Antwort. Da schrieb der Stoffel von Dusterbach: „Die Leut' erzähl'n, daß die Plona den Zusinger nimmt.“ „Fahr'n wir, i will zu Hause sterben“, sagte darauf der Kranke bestimmt. DieSpargroschen reichten noch für die Rückfahrt und Eva stimmte zu. Die frische Meerluft tat Heini gut; er fühlte sich wohler. Dafür machte ihm die Bahnfahrt Beschwerden und in dem Wagenabteil hatte er Erstickungs¬ anfälle. Doch das matte Auge leuchtete auf, als die Dampfwagen der Heimat zurollten. In einer Kutsche fuhr das Paar nach Dusterbach. Es war gerade zur Roggenschnittzeit als sie ankamen. Die Sonne brannte stechend und die flei¬ ßigen Schnitterinnen litten unter der Mühsal der Arbeit. Im Sonnenglanze war die Heimat sinnberauschend schön. Ein seliges Lächeln glitt über des Heimgekehrten Züge. „Jetzt wird das Korn g'schnitten. All's is reif. J komm' g'rad zum Schnitt z'recht. I bin auch reif! 78

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