Mädchen den Mannsleuten in die Augen stechen läßt. Nur das eine hatte sie nicht: dem Waldhauser Heini seine Treue! Gerade aber an der war ihr alles gelegen. Allerdings wollte sie der Heini. Er wollte aber auch die Kreuther Plona, ein fadenarmes Dirndl, zu dem sich nicht einmal ein Vater gemeldet hatte. So pendelte sein Herz zwischen den zweien hin und her. Seinem Schönheitssinn machten beide Jungfern Ehre, ja sie ergänzten sich gewissermaßen, sodaß er keine entbehren konnte. Die Oberhupfunterische war von üppigem Körper¬ wuchs, willenskräftig, ein bißchen eigensinnig; die Kreutherische konnte sich auf ein überaus zierliches Leibchen und auf ein gewinnendes Wesen etwas ein¬ bilden. Auf den Gegensatz zeitlicher Güter und der besonders im Dorfleben klügelnd bewerteten Geburtsverhältnisse war schon hingewiesen. Beide hatte der Heini zum Aufessen gern. Auch die zwei Dorfschönsten ließen es an Liebes¬ übermaß nicht ermangeln. Während aber Eva zu täppisch war und dem Heini blindlings vertraute, floh Plona scheu seine Nähe und machte zu seinen sich überstürzenden Beteuerungen, trotz der gewaltigen Unruhe im eigenen Busen, ruhige Miene. Das reizte. Nicht weniger hob es sein Selbstgefühl, daß er die Vielbegehrte vom Oberhupfunter=Hof sein eigen nennen konnte. Er, ein Häus¬ lerssohn, der erst vor einem Jahre vom bejahrten Vater das Anwesen über¬ nommen und hievon noch zwei Halbgeschwister ausgezahlt hatte. Spekulant war er sicher keiner, obwohl er nicht einmal bis über die Zehen, geschweige denn bis über die Ohren im Gelde saß, sonst hätte die Waagschale der Ent¬ scheidung zur Reichen gezogen. So aber hielt ihr die Neigung zur Plona, der Armen, vollkommen das Gleichgewicht. Unter solchem Stern standen diese heiklen Herzensangelegenheiten, als Eva zu weinen anfing. Stoffel tappte, als er keine Gegenrede erhielt, mit seiner rauhen Hand auf ihren weichen Hals. Das Mädchen zuckte zusammen und wich einen Schritt zurück. „Hätt' ich noch so ein kleines Haus und nit mehr als ein Hemd im Besitz, glücklich wär' i, wenn. .. wenn ... „Wenn du ihn hätt'st! Herrschaft, muß es gerad' der Heini sein!“ Und zu¬ traulich fügte er bei: „Könnt' dein Vielgeliebter nicht ebensogut Stoffel heißen?“ Trotz aller Befangnis der Stunde mußte die Oberhupfunterische lächeln über die Worte des guten Christophorus Tangelschmied, nicht weniger wie über einin die Länge gezogenes Gesicht, in welchem sich eine gewisse Lüsternheit mitPfiffigkeit paarte. „Ein rechter Söchter bist du! So auswechseln läßt sich ein Bub nicht gleich gegen einen anderen wie eine Einbrennsuppe gegen einen Speckknödel.“ „Du, Eva, sei g’scheit! Nimm doch mi, sonst bist allen Leuten im Dorf zum G’spött. Mit den Fingern werden sie dir nachzeigen, wenn du in die Kirche oder auf den Tanzboden gehst, und sie werden sich zuflüstern: Schaut's die närrische Gretel an! Der blutarmen Kreutherischen wegen hat sie der Heini stehen lassen.“ Die Dirne wurde im Gesicht wie mit Blut übergossen. Sie riß die drei¬ zackige Gabel aus der Erde und schleuderte dieselbe im weiten Wurf von sich weg. „Wer wird dies sag'n?“ Und sie trampelte wie ein eigensinniges Kind mitden Füßen. „I geh' mit!“ Dem Stoffel fiel vor Erstaunen die Pfeife aus dem Mund. Als er sich „Kenn kein' Spaß in nach ihr bückte, sagte er: „Du machst Spässe, Eva.“ der Sach'. Und du gehst auch mit!“ Nun wähnte sich der Stoffel von Sinnen. „I mit? Wer sagt denn das? I will aber nit.“ Sie lief davon, daß die Schürzenbänder gleich Schwalbenflügeln dem wohl¬ gestalteten Leibe nachflatterten, dem Waldhause zu, wo der Heini als Besitzer residierte. Die Oberhupfunter=Tochter wollte Klarheit. Die Liebe klopfte auf ihr Herz wie ein Mäher beim eiligen Roggenschnitt mit dem Dengelhammer auf seine Sense, wenn sie am Steine angefahren und schartig geworden ist. 73
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