Sie tat, als ob sie seinem Werben Gehör schenken wolle und reizte in ihm die Eifersucht gegen den Italiener. Und bei einer Tanzunterhaltung kam es zwischen den Nebenbuhlern zum Austrag. Die Liesl war mit dem Flößer Hans zur Unterhaltung gegangen, und als einmal Brentoni mit ihr getanzt hatte, flüsterte sie Hans ins Ohr, er solle es nicht mehr dazu kommen lassen, daß der Italiener mit ihr tanze. „Weißt, ich will einzweitesmal nicht mehr so was hören, was er zuvor zu mir gesagt hat. Diese Rede hatte denn auch den gewünschten Erfolg. Als der Italiener die Liesl zum nächsten Tanz wieder aufforderte, drängte ihn der Flößer unsanft auf die Seite und sagte spottend: „Du tanz' mit einem Besenstiel, jetzt tanz ich, und das nächstemal auch, und überhaupt, wenn Du mit der Liesl tanzen willst, hast mich zu fragen, verstehst?“ Brentoni blitzte ihn mit seinen schwarzen Augen giftig an und stieß hervor: „Ich Dich werd' ich fragen, wenn ich kann tanzen! Jetzt ich tanzen. Und damit faßte er nach dem Mädchen. „Auslassen!“ sagte Hans kühl überlegen und packte den Arm des Italieners mit festem Griff. „Auslassen, sag' ich, sonst —— Da hatte er auch schon einen Stoß vor der Brust, daß er zurücktaumelte. Aber im nächsten Augenblick hatte er sich schon auf Brentoni geworfen und es entstand ein ingrimmiges Ringen, währenddessen dem Italiener ein Schimpf¬ wort entschlüpfte. Das war das Signal zum allgemeinen Angriff auf ihn und ehe er sichs versah, lag er jämmerlich verprügelt vor der Tür. Einige Tage gingen der Italiener und Hans lauernd aneinander vorüber, bereit, aufeinander aufs neue loszustürzen, dann aber änderte ersterer seinen Racheplan, und eines Tages trat er auf Hans zu, bot ihm die Hand und sagte mit heuchlerischer Miene: „Du noch immer bös sein, Hans? Ich nit wissen, daß Liesl Dein Madl. Wieder gut sein, wir zwei! „Na also,“ lachte Hans, „freilich sind wir wieder gut. Bist eigentlich doch ein guter Kerl.“ Im Wirtshaus, im Kreise der Genossen, ward die Versöhnung bei Wein und Karten bis tief in die Nacht hinein gefeiert, und der Italiener war sehr zufrieden, denn er hatte den guten Deutschen ein paar blanke Gulden ab¬ genommen, ohne daß es diese bemerkt hatten, auf welche Weise er das Spieler¬ glück an sich zu fesseln wußte. Kein Wort fiel über den Zwist im Wirtshaus mehr; unter den Flößern herrschte wieder die schönste Einigkeit und daran ändert auch der Umstand nichts, daß Brentoni dem Flößer Hans den schwierigsten Posten anwies, nämlich den an dem großen Wehr bei dem Dorfe Breiteneich. „Hans, Du stark und geschickt sein, viel mehr als Sepp, Du besser passen zur Breiteneich Wehr!“ hatte Brentoni erklärt, und Hans war zufrieden, um¬ omehr, als mit diesem Posten auch eine Lohnerhöhung von zwanzig Kreuzern verknüpft war. Oefter und öfter saßen nun die Flößer bei Wein und Karten zusammen und Brentoni zog fast immer mit dem Gewinnst ab, wodurch die Spielleiden¬ schaft der anderen nur erhöht wurde. Einmal mußte sich doch das Blatt wenden! So saßen sie auch an einem Aprilabend zu später Stunde noch beisammen, erregt von Wein, Schnaps und Spiel. Eben hatte Brentoni mit dem Eichelaß gestochen, als der Flößer Hans plötzlich schrie: „Ausg’halten! Da wird jetzt nachg'schaut, das Aß ist zum zweitenmal da!“ Ehe der Italiener noch seine Hand schützend darüber legen konnte, hatte sich Hans über den Tisch gebeugt und das Päckchen Karten, das jener vor sich liegen hatte, mit den Fingern an sich herangerecht und mit raschem Griff um¬ 50
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