In diese Schule kommen jene Frauen, die an ihren Männern etwas auszu¬ etzen haben (und das dürften so ziemlich alle sein). Heraus aus der Schule kann eine Frau nur dann, wenn sie vor ihren Kolleginnen die Prüfungen be¬ standen hat.“ „Und wie wird so eine Prüfung aussehen?“ fragte ich Interesse heuchelnd. „Das „Evarium“ umfaßt drei Stufen. In der Unterstufe, die jede Ehefrau absolvieren muß, wird Gefühl, Geschmack, Wort und Tat, kurz, die ganze Frau so geschult, daß sie nie in Widerstreit mit ihren Geschlechtsgenos¬ sinnen kommen kann. Denn zur Erreichung der vollkommenen Emanizipation gehört völliger Gleichklang aller weiblichen Seelen, vollständige Harmonie, keine Uneinigkeit. — Die Mittelstufe lehrt, wie die Frau sich dem anderen Geschlechte, also dem Manne gegenüber, Geltung verschaffen muß. Die Ober¬ stufe behandelt die Eroberung des Staates durch die Frau. — Vorderhand be¬ fassen wir uns mit der Unterstufe des „Evariums“. Die Prüfungen werden ganz einfach sein." Ein teuflisches Grinsen umspielte die verdorrten Züge des Herrn Steäse, der erklärend fortfuhr: „Ich denke mir die Sache folgendermaßen. Jeden Tag kocht eine andere Frau und wenn das Menü von allen Internierten, ohne Ausnahme, gelobt wird, so hat die Köchin die Prüfung bestanden. Das ist doch logisch. Dann kommt die Schneiderei. Wenn eine Frau ein Kostüm verfertigt, das den Beifall aller anderen findet, ist auch dieses Fach erledigt; oder eine Frau macht einen Hut und alle anderen finden, daß sie über einen ausgezeichneten Geschmack verfügt, daß der Hut sie schick kleidet und elegant ist. So kommt ein Fach nach dem anderen.“ Entgeistert starrte ich den Sprecher an. In meinem Gehirn dämmerte es langsam! Ich ahnte bereits, wenn auch nur unklar, nebulos, wo dieser geniale Narr hinauswollte. „Entschuldigen Sie“, sagte ich, „ich kann mir nicht vor¬ stellen — eine einheitliche Meinung — wenn nur drei Frauen beisammen sind, 77 viel weniger bei zwanzig, dreißig und noch mehr? „Zum Teufel! Was schert Sie das?“ schrie erbost der andere. „Die Frauen sind unter sich, alles geschieht nach ihrem eigenen Willen und damit basta! Kein Mann wird ihnen bei der Prüfung dareinreden. Wenn sie dennoch durchfallen, wer kann dafür? Müssen halt repetieren, früher kommt keine heraus, basta!! Und die Stadt wird emporblühen“ schwärmte er melodisch weiter. „Aus — allen Ländern werden Frauen importiert werden. Asien, Amerika, die Aschantiweiber, alles wird vertreten sein! Die Millionäre werden täglich 100 Dollar zahlen und darüber, nur damit ihre Frauen gut ausgebildet werden.“ Nun hatte ich vollständig begriffen — ich war ungemein erregt. „Das ist ja fabelhaft, großartig, epochal.“ Jauchzend, in höchster Verzückung war ich auf den Dürren losgestürmt. „Lassen Sie sich umarmen, liebes Stehseiderl, pardon Stehkäserl. Das Evarium ist die geistreichste Idee des Jahrhundertes, die größte Sensation. Ha, ha, ha, wie wird sich der Herr Amtsrat freuen, wenn eine Frau, dieses Engerl, geschult wird. Und erst der Herr Inspektor! O du liebe Zeit! Wenn der seine Alte loskriegt! Die, mit ihrem Kropf, wird die Kleider hochgeschlossen haben wollen, die andere bis zu den Zehen, damit man die O=Beine nicht merkt. Meine holde Gattin darf in der Korona natürlich auch nicht fehlen. He, he, he, das wird ein Theater! Die haben alle lebenslänglich. Hi, hi, hi! Aber nun zur Sache. Was verlangen Sie für den Plan?“ Durch die brüllende Begeisterung wurde, wie sich später herausstellte, leider meine Frau angelockt, doch blieb sie unbemerkt bei der Tür stehen und konnte so Zeuge der weiteren Entwicklung werden. Herr Steäse, der meine Ekstase mit Behagen beobachtete, antwortete sanft: „Gar nichts, ich will nicht genannt werden, nur die Zusicherung, daß meine Frau einen Freiplatz erhält, da mir die Mittel zur Bezahlung fehlen.“ „Aber selbstverständlich, natürlich, ganz bestimmt“, versicherte ich mit Eifer. Aber wie werden wir die notwendigen Lehrer für die Schule bekom¬ 47
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