Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1951

Wie geht der Spruch? „Wer alleweil setzt, ist ein Narr, und wer nie setzt, ist auch einer.“ Ein Narr zu sein, das wäre dem Lipp doch zu dumm. Auch träumte ihm in der Nacht seines Geburtstages von sieben Rössern mit umge¬ kehrten Füßen. Sieben Rösser haben achtundzwanzig Füße, gibt 7, 28 und letztere Zahl, wie die Füße umgekehrt, gibt 82. Da legte er eines Tages zwei Silberzehner vor den Tabakverleger: „Für zehni Tabak, für zehni auf Ambo¬ terno . Der Alte gab mürrisch den Tabak, gab mürrisch den Setzschein, und der Lipp fuhr damit schmunzelnd seiner Köhlerei zu. Auf dem ganzen Weg dachte er an den Terno. „Aber das sag' ich; wenn ich was gewinn, die Halbscheid davon geb’ ich den Armen. Meine Pfarrkirch' soll auch was haben von der Sach'. Für mich behalt ich nur, was ich notwendig brauch'.“ Da gehen zwei gute Wochen hin. Und eines Tages erschrickt der gute Lipp bis ins Herz hinein. Wie ein Messerstich ist's ihm, als er die Nachricht erfährt, auf dem Brette stünden drei rote Nummern: 7, 28 und 82. Von der Kohlen¬ fuhr kollert er herab, in die Kollektur wirbelt er: „Herr Verleger, ist's denn wahr? Ist's richtig wahr? Die roten Ziffern da draußen, sind sies? Jesses und „Dreihundert und etliche fünfzig Gulden“ Josef und wieviel krieg' ich denn? — meinte der Kollektant, „ja, aber heut ist noch nichts da; frag Er sich in ein paar Tagen an.“ Der Lipp fährt nach Hause. Er haut auf die Pferde ein, sie trotteten heute gar so träge. Und wenn er unterwegs wen anspricht, so lacht er nicht mehr still dabei, er lacht laut. „Also Lipp“, redete er dann mit sich selber, „jetzt was hebst an? Wozu brauchst du dein Geld? Ein Rößlein, Lipp, ein Rößlein sollst 2.* du dir jetzt kaufen, und ein feines Wagelchen dazu für ein besseres Fuhrwerk. Das Kohlenführen ist nichts mehr für dich. Mußt dich jetzt ordentlich weiß waschen, Lipp; neue Kleider, na, die verstehen sich von selber. Was sollst im Gebirg' oben! In Niederleuth pachtest dir eine Wohnung, einen Stall; das Geschäft wird gehen; etlich Jährchen und du hast ein Haus. Das Weib kannst so gar schon früher nehmen. Bist nur erst weiß gewaschen, Kohlenführer=Lipp, bist ein sauberer Kerl über und über! Kehr die Hand um, bist Bürger von Niederleuth, ein Großhändler. Na, Lipp, lug einmal, wer hätt's gedacht, jetzt ist ein reicher Mann aus dir geworden.“ Endlich ist das Geld da. Es ist nicht ganz so viel, als der Lipp erwartet; die Steuer ist schon des Teufels, keinen Kreuzer hat sie gesetzt und will vom Gewinn was haben. Jetzt macht die Sach' nicht viel über dreihundert Gulden. Dann, der alte, grämige Lottokollektant — der sich ohnehin lediglich nur vom der muß wohl bitten um seine Gebühr. Tabakschnupfen zu ernahren scheint, — Mit zweihundertachtzig Gulden, Roß und Wagen und eine neue Taschenuhr; es geht gerade noch, und daß etliche Groschen übrig bleiben. Ein paar gute Tage muß sich der Lipp jetzt doch antun, hat ohnehin sein Lebtag nichts Rech¬ tes genossen. Lustig kutschiert er mit seinem neuen Gefährt und dabei lacht er laut: man soll ihn horen, daß er da ist. Ist's aber zum Ausweichen, so zankt er wüst mit Fuhrleuten. An den Türen des Gasthauses stehen freundlich schäkernde den Wirtinnen, alte und junge, ein frischer Trunk für den Ternomann, eine hand¬ voll Hafer für sein Rößlein! Geld findet überall höfliche Leute. Ja, mehr noch bald hatte der Lipp ein flachshaarig Mägdelein bei sich auf dem Wagen Am neunten Tage nach dem Terno machte der Lippe seine ersten Schulden. Steirerwägelchen bricht ein Rad. Der Wagner leiht, er wird seine Sach Am schon kriegen. In die Lottokollektur trägt er wöchentlich seinen Gulden. Wer oft und viel setzt, der muß doch wohl gewinnen; dazu jede Nacht einen Traum, der auf lei Ziffern und Zahlen deutet. „s kommt noch was nach!“ aller Aber es läßt so lange auf sich warten, und das Lachen wird nach und nach wieder kleinlaut. Der feine Wagen ist vertauscht gegen einen Karren. Die 43

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