Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1951

Bas alte Haus Von Friedrich Hebbel Noch lange Jahre kann ich stehn, Der Maurer schreitet frisch heraus, Bin fest genug gegründet, Er soll dich niederbrechen: Und ob sich mit der Stürme Wehn Da ist es mir du altes Haus, Ein Wolkenbruch verbündet: Als hörte ich dich sprechen: Kühn rag ich, wie ein Fels, empor Jahr „Wie magst du mich, das lange Und was ich auch an Schmuck verlor, Der Lieb und Eintracht Tempel war, Gewann ich's nicht an Würde? Wie magst du mich zerstören? Und hab ich denn nicht manchen Saal dein Ahnherr hat mich einst erbaut Und manch geräumig Zimmer: Und unter frommen Beten Portal Und glänzt nicht festlich mein Mit seiner schönen stillen Braut In alter Dracht noch immer Mich dann zuerst betreten. Noch jedem hat's in mir behagt. Bescheid, Ich weiß um alles wohl Kein Glücklicher hat sich beklagt, Und jede Lust und jedes Leid Ich sei zu klein gewesen. Was ihnen widerfahren. Und wenn es einst zum letzten geht Dein Dater war geboren hier, Und wenn das warme Leben In der gebräunten Stube In deinen Adern stille steht, Die ersten Blicke gab er mir Wird dies dich nicht erheben Der muntre, kräft'ge Bube Dort, wo dein Vater sterbend lag, Er schaute auf die Engelein Wo deiner Mutter Auge brach Schein Die gauckeln in der Fenster Den letzten Kampf zu streiten: Dann erst auf seine Mutter. Nun schweigt es still das alte Haus, Stab Und als er traurig schlich am Mir aber ist's, als schritten Nach manchen schönen Jahren, Die toten Däter all heraus Grab Da hat er schon, wie still am Um für ihr Haus zu bitten In meinem Schoß erfahren; Und auch in meiner eignen Brust, In jener Ecke saß er da Wie ruft so manche Kinderlust: Und stumm und händefaltend sah „Taß stehn das Haus, laß stehen!“ Er sehnlich auf zum Himmel. Indessen ist der Mauermann nicht doch nein, das sag ich Du selbst — Schon ins Gebälk gestiegen Ich will von dir nicht sprechen an, Er fängt mit Macht zu brechen Hat dieses alles kein Gewicht, Und Stein und Ziegel fliegen. So laß nur immer brechen. „Still, lieber Meister geh von hier, Das Glück zog mit dem Ahnherrn ein, Gern zahle ich den Taglohn dir, Zerstöre Du den Tempel sein. Allein das Haus bleibt stehen.“ Damit er endlich weiche. 119

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