Die Tatennsäfcle in Slege Aus der Inaugural-Dissertation „Steyr und die Glaubenskämpfe 1560—1630“. Von Dr. J. Neumann. Dem großen Stadtbrand vom Jahre 1522 war auch das Dominikaner¬ kloster zum Opfer gefallen. In einer Zeit, da das Interesse am Weiterbestand des Ordens in Steyr schon sehr gering geworden war, konnten die von jeher nicht sehr begüterten Ordensbrüder ihre Position nicht mehr länger halten. Die Spenden waren sehr gering, sie mußten verkaufen und zogen schließlich 1543 von Steyr weg. Die Bürgerschaft richtete hierauf an König Ferdinand die Bitte, ihr das noch in Trümmern liegende Kloster zu übergeben. Am 22. Fe¬ bruar 1559 erhielt sie die Erlaubnis!), eine Schule oder ein Wohnhaus für alte, kranke Leute dort zu errichten und einen Priester für die Verrichtung des Gottesdienstes in der Kirche zu unterhalten, jedoch mit der Bedingung, daß die Dominikaner gegen Ersatz der Baukosten und der von den Bürgern bezahlten Schulden das Recht hätten, ihr Kloster im Bedarfsfalle wieder einzulösen. In dem von der Stadt wiedererrichteten Gebäude wurde eine Latein¬ schule eingerichtet und in der Kirche der Gottesdienst nach dem Augsburger Bekenntnis?) eingeführt. Seit wann eine Lateinschule bestand und wo sie vor¬ her untergebracht war, ist nicht bekannt. (In Freistadt bestand eine solche seit dem Jahre 1543/44)3). Neben dieser Schule hatte auch eine teutsche Schule bestanden, doch ist auch von ihr nicht bekannt, wo und seit wann'). Im Jahre 1558 starb der erste lateinische Rektor der Schule Andreas Kütt¬ ner, der protestantisch gesinnt gewesen war. Sein Nachfolger wurde Thomas Brunner (Pegaeus), ein Schüler Melanchthons und, wie Preuenhuber sagt, ein „in seiner Kunst und Instruierung der Jugend berühmter Mann“). Von ihm wurde die Einrichtung der neuen Schule durchgeführt. Ueber die Organi¬ sation des Unterrichts ist aus den Akten nichts zu erfahren. Nur die Denk¬ schriften und Bittgesuche Rektor Brunners an den Rat, aus dem Zeitraum von 1563—1569, geben Einblick in die Schulverhältnisse. Bei der bestätigten Großzügigkeit des Rates bei der Vergebung von Stipendien für Steyrer Bürgerssöhne und von Spenden an die Universitäten Wittenberg') und Leip¬ zig zugunsten armer und kranker Studenten verwundert es, daß der Rektor wenige Jahre nach der Gründung der neuen Lateinschule, die, nach Preuen¬ hubers Aussage, an stattlicher Frequenz und Bedeutung mit der Linzer Land¬ schaftsschule wetteiferte, sich mit derart bitteren Klagen an den Rat wenden mußte. Es scheint, daß das Volk nicht allzuviel für eine derartige Schule übrig hatte und auch der Rat sich besser in großen Gesten als in Detailarbeit gefiel. Die Klagen über schlechte Besoldung und mangelhaften Zustand der Schule, verbunden mit der Tatsache, daß die Schüler, die von auswärts zum Schul¬ besuch kamen und mittellos waren, selbst für ihren Unterhalt sorgen mußten'), spricht nicht sehr für die Großzügigkeit des Magistrates der Schule gegenüber. Täglich bettelten sich die kleineren Schüler von Haus zu Haus durch, um Suppe und Brot zu erhalten, während die größeren jeden Freitag singend durch die Straßen wanderten, um so Geld zu verdienens). Brunner hob hervor, daß der Erlös von Rechts wegen dem Schulmeister gebühre, daß er jedoch darauf ver¬ zichtet habe und den Ertrag, etwa einen halben Schilling wöchentlich in „ain 115
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2