Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1951

afterspinner bringen, ein schneeweißes Falterchen, dessen Hinterende mit gelben Härchen besetzt ist, mit denen es seine am Stamm gelegten, klebrigen Eihäufchen überstreicht, um sie zu tarnen (also ähnlich wie der berüchtige Schwammspinner). Nun ist, als die einstige kalifornische Steppe durch großartige Bewässerungs¬ anlagen in einen blühenden Edelobstgarten verwandelt war, bei der Ein¬ führung bewährter europäischer Obstsorten durch einen unglücklichen Zufall auch der in Nordamerika noch nicht einheimische Goldafter mit eingeschleppt worden und die folgenden Jahre brachten wegen seines ungehemmten Raupen¬ fraßes große Mißernten. Es fehlte, wie Biologen herausbrachten, der natür¬ liche Feind, die Goldafterschlupfwespe, deren Brutschmarotzertum bei uns in der Regel die ärgstenSchäden verhindert. Erst eine mühselige Zucht und Ein¬ setzung der genannten Brutparasiten in Kalifornien brachte Abhilfe. Unter den Wespenarten sind die Sphegiden oder Grabwespen von einiger wirtschaftlicher Bedeutung, weil sie ihre in sandigen Boden gegrabenen Brut¬ röhren, an deren Ende das Ei ruht, zur künftigen Nahrung der Larve mit Dutzenden von Raupen füllen, welche sie durch einen vorsichtigen Stich in die Nähe des Bauchmarkes zwar nicht töten, aber lähmen, so daß sie frisch bleiben. Auf unserem Damberg sind sie oft schön zu beobachten. Unter den Netzflüglern sind es die Libellen, deren größere Arten den höchst lächerlichen Spitznamen „Augenausstecher“ führen, welche ihre aus¬ dauernden Flugübungen in den Dienst der Fliegenjagd gestellt haben und dadurch die Zahl der Krankheitsüberträger nicht wenig einschränken. Wenn wir ihre an kleine Doppeldecker erinnernde Gestalt über besonnten Wasserflächen, etwa dem Gleinker Teich oder den Seerosenbeständen beim Mayr zu Baum¬ garten verfolgen, können wir bei einiger Uebung beobachten, wie sie eine Fliege ergreifen, rasch ihres Kopfes und der Flügel berauben, und kaum ist der Bissen hinabwürgt, geht es schon wieder auf ein neues Opfer los. Leider sind die Larven der größeren Arten in Fischbrutteichen nicht ganz unbedenklich. Was die Wölfe unter den Säugetieren, sind die Laufkäfer unter den In¬ sekten, sowohl was die Raubgier nach Fleisch als auch die Schnellfüßigkeit und nächtliche Raubweise anlangt. Nur die Sandläufer, die wir bei strahlendem Sonnenschein auf den Heidewiesenflächen des Großen und Kleinen Rennweges schön beobachten können, sind Tagtiere und betreiben ihre Insektenjagd im Flugsprung. Ihre wunderlich doppelt gebuckelten Larven lauern in selbstgegra¬ benen Röhren im Sand und ergreifen mit ihren Mordzangen blitzschnell vorbei¬ huschende Kerfe. Die meisten ubrigen Laufkäfer (mit Ausnahme des bei uns glücklicherweise nicht häufigen Getreideläufers, der Kornähren anfrißt) sind die eigentlichen Rennräuber. Der sehr harte, metallisch glänzende Chitinpanzer, die gezahnten starken Oberkiefer und ihr brauner, scheußlich nach Buttersäure stin¬ kender Speichel machen sie zu recht wehrhaften Gesellen. Mit der Abenddämme¬ rung verlassen sie ihre Schlupfwinkel und vor ihrem Zubiß ist keine Kerflarve sicher. Dabei morden sie nach Art vieler Großkatzen und Marder weit mehr, als sie verzehren können, indem sie bei Raupen z. B. nur den Fettkörper heraus¬ fressen, eine Erscheinung, die zwar für die Opfer schrecklich, für die Erhaltung des Naturgleichgewichtes aber offenbar notwendig ist. Dabei ist zu bedenken, daß im Kulturland durch den massenhaften Anbau zarterer, weniger wider¬ standsfähiger Feldprodukte der Massenvermehrung von Schadinsekten ein natürlich unbeachsichtiger Vorschub geleistet wird. Umso notwendiger brauchen wir daher unsere natürlichen Helfer! Den prächtigsten Raupenfeind, den Großen Puppenräuber, haben wir schon eingangs erwähnt. Er vermag den Raupen ogar auf die Bäume zu folgen. Für den Forstwirt von Wert ist ferner ein kaum zentimetergroßes, schwarz, weiß und rot gebändertes Käferchen, das in unseren Waldungen gern auf Holzplätzen auftritt und von früh bis spät der Borkenkäferjagd obliegt, der Ameisen= oder Buntkäfer. Es erhebt sich nun die Frage, was wir zur Förderung unserer natürlichen Flurschützen aus dem Reich der Kerfe tun können? 97 7

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