und dem Choralblasen auf dem Turm, hatten die Turner mitzuwirken am Kirchenchor und bei allen Stadtfestlichkeiten. So beim Empfang des Landes¬ fürsten, bei der Eröffnung des Jahrmarktes, bei Schulfeiern') und ähnlichen Anlässen. Trommler und Pfeifer mußten „allzeit unweigerlich“ zur Stelle sein, denn sie wurden benötigt auf den Fechtschulen, wenn Musterungen statt¬ fanden oder wenn es galt, wichtige Anordnungen des Landesfürsten oder des Stadtrates der Bürgerschaft zu verkünden? Der Stadtmusikus besaß das Privilegium der alleinigen Ausübung der öffentlichen Instrumentalmusik innerhalb des Burgfrieds. Auch das Aufspielen bei Versprechen und Hochzeiten kam nur ihm und seinen Gesellen zu. Be¬ schwerden beim Stadtrichter über fremde Musikanten oder Schulmeister, die sich um dieses Vorrecht des Turnermeisters wenig kümmerten, sind nicht selten. Die Stadtobrigkeit, die jederzeit dieses Recht schützte, unterließ es aber nicht, den Kapellmeister an seine Pflichten zu erinnern. Sie trug ihm auf, keine „Blaszeit“ zu versäumen und alles zu tun, daß die Musik „Gemainer Statt Zue ehr vund Ime alls zu Aignem Lob“ gereiches) Die Tanzmusik bei Hochzeiten bildete eine besondere Einnahmsquelle der Stadtmusiker. Sie waren vom Rate aus berechtigt, hiefür eine entsprechende Bezahlung von den Veranstaltern zu fordern. Im November 1593 verordnete die Stadtbehörde die Vornahme der Trauungen zur Abendzeit. Bei Früh¬ hochzeiten sitze man zu lange bei Tisch, was Mißbrauch und Verschwendung Folge haben könnte# zur Der Saal im Rathaus diente zur damaligen Zeit nicht allein den Schul¬ meistern und Meistersingern für ihre theatralischen und musikalischen Ver¬ anstaltungen, er wurde auch den Stadtbewohnern für den Hochzeitstanz zur Verfügung gestellt. Da die Mauern sehr feucht waren und daher die kostbaren Ueberkleider der Bürgersfrauen litten, ließ der Rat im Jahre 1583 die Wände mit grünen Tüchern verhängen*). Es sei in diesem Zusammenhange auch erwähnt, daß in den folgenden Jahren der Fußboden der Ratsstube neu gelegt und 1585 aus Sicherheitsgründen dem Bürgermeister, dem Stadt¬ kämmerer und dem Waagmeister ein Rathausschlüssel ausgefolgt wurdess Im Jahre 1582 faßte der Rat den Beschluß, „gemeinen Bürgersleuten den Tanz auf dem Rathaus einzustellen. Man fürchtete, daß das in „beiden Stuben“ verwahrte Geld aus Steuern und anderen Gefällen entwendet wer¬ den könnte. Der eigentliche Grund für diese Maßnahme war aber jedenfalls der damals noch herrschende große soziale Unterschied zwischen den reichen Ratsbürgern und den weniger bemittelten Handwerkern. Man stellte ihnen ja nicht nur den Tanz auf dem Rathaus ein, sondern ließ auch nicht zu, daß die Stadtmusik bei ihren Hochzeiten aufspieltes'). Erst 1590 wurde dem Turner¬ meister die Bewilligung erteilt, bei Eheschließungen „vermüglicher“ Hand¬ werksleute zu geigen, laute Instrumente waren auch weiterhin noch strenge untersagtss). Nach Schmidel wurden beim Hochzeitstanz auf dem Rathaus auch die mit dem Stadtwappen geschmückten, heute im Steyrer Heimathaus befindlichen sechs Zinnhumpen zum Ehrentrunk verwendet Manchmal spielten die Steyrer Stadtmusikanten mit Erlaubnis des Rates auch auswärts, vorausgesetzt jedoch, daß die „fleißige Anordnung der Wacht auf dem Turm“ getroffen wurde. Meist waren es vornehme Personen die sich zu ihren Hochzeiten die Turner kommen ließen. Sie musizierten z. B. 1574 in Enns und Seitenstetten, 1578 in Lambach und 1586 in Steinach in der Steiermarks¬ Wenn es die Stadtobrigkeit für notwendig erachtete, wurde die musika¬ lische Betätigung, zum Leidwesen der Turner, eingeschränkt. Wegen der Türkenkriege stellte man im Jahre 1593 „Tänz und Freudenspiel auf Hoch¬ zeiten“ gänzlich ein. 1595 nahm das Geigen, Pfeifen und Tanzen, auch auf offenen Plätzen, so überhand, daß der Stadtrichter den Auftrag erhielt, mit „ernstlichen Strafen“ vorzugehen. Zu Anfang des Jahres 1599, als die pro¬ 95
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