Beim Schild „zur goldenen Sense“ (Zeichnung 4) ist das im Barock auf¬ gegriffene künstlerische Ziel einer aus der Bewegung kommenden Einheit zu unüberbietbarer Vollkommenheit herangereift. Wundervoll in der Anmut des vielstimmigen Linienspieles, wachsen Träger und Schild zu unlösbarer Ge¬ meinschaft ineinander, und das reiche, von blühender Erfindung durchpulste Beiwerk stilgebundener Art hält sich weise in den Schranken des künstlerisch Notwendigen. In diesem entzückenden Werke ist ein so völliger Ausgleich von Gesetz und Freiheit, von Stoff und Form, von Mittel und Zweck, von Natur und Kunst erzielt worden, wie sonst nur in Werken anspruchsvollerer Art. Dabei ziert dieses Schild den Eingang eines bescheidenen, nur einstöckigen Vorstadthauses (Sierningerstraße 30), in dem einmal vorübergehend das viel¬ besprochene Steyrer Kripperltheater untergebracht war. Die Zeit ist längst vorbei, in der Hausfassade und Schild noch einem gemeinsamen Stil ver¬ pflichtet waren. Die ausgebreitete Fledermaus, welche die Einfassung der Schildfigur schließt, trägt auf einer Seite die Jahreszahl 1637. Erst hundert¬ fünfzig Jahre später mag dieses Schild seinen Vorgänger abgelöst haben. Schwarz, Ocker, Grün und Gold erhöhen und ergänzen im Wechselspiel den melodischen Zauber dieser Schöpfung, die ganz aus sich selbst lebt und in der Häuserzeile der Vorstadtstraße wie ein verirrtes Schoßkind künstlerischer Phan¬ tasie, wie eine seltene schöne Blume auf kahlem Grund anmutet. Zeichnung 5: 4 6 8222 G 71 — *0 AN * 3 # Beim Schild „zu den drei goldenen Rosen“ (Zeichnung 5) am Hause Stadtplatz 36 ist noch das Rokokoempfinden für das Graziös=Beschwingte lebendig, aber das kann man nur vom Ganzen sagen, nicht mehr von den 71
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