Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1950

an Steilhängen eine außerordentliche Lebenszähigkeit beweisen. Nach der um die Jahrhundertwende erfolgten Abholzung hat sich der Bewuchs allein aus den Stockausschlägen ergänzt. Einzelne Ausschnitte an den Aussichtsbänken der Duckartstraße wären ohne Schaden durchführbar und im Interesse eines schönen Ausblickes auf die prächtige östliche Giebelreihe der Stadt erwünscht. Erwünscht aber wäre auch ein Aufhören der Unsitte, allerhand Abfall über die Leiten einfach „verschwinden“ zu lassen. Unten am Quai liegt dann die Bescherung und stört die wunderbare Stimmung an dem längs der inneren Stadt flutenden Fluß. (Nr. 16, Landschaftsschutzkarte.) Die Rederinsel trägt einen sehr schönen, natürlichen Auwaldbewuchs. Einige ihrer Schwarzpappelstämme wären berufen, sich zu gewaltigen, das Landschaftsbild beherrschenden Riesen zu entwickeln. In dieser Au wird es vielleicht auch gelingen, den früher häufigen schönen Sanddorn mit seinen korallroten, vitaminreichen Beeren wieder anzusiedeln. (Nr. 17, LS.=Karte.) Die letzten Punkte betreffen einige Wälder im Stadtbereiche, den Münichholzwald, also das „Münichholz“ im eigentlichen Wortsinn, den Kugellagerwald an der Leite zwischen Wachtberg und Ramingdorf und die fünf Grienmühlwäldchen. (Nr. 18—20, Landschaftsschutzkarte.) Diesen Grünflächen kommt neben ihrem großen Erholungswert für die Bevölkerung auch noch in erhöhtem Maße die sanitäre Aufgabe zu, die Luft zu verbessern, was natürlich in einer Fabriksstadt mit ihren vielen Feuerstellen besonders wesentlich ist. Es wird immer noch zu viel vergessen, daß der Pflanzenwuchs mit seiner relativ riesenhaften Gesamtoberfläche von zahllosen 11. Blättern und Nadeln während der Lichtzeit gerade jenen Luftbestandteil immer wieder neu erzeugt, der unser Lebenselement ist, den Sauerstoff, während Mensch, Tier und Feuer diesen beständig verbrauchen, und die Luft mit Kohlensäure (richtiger: Kohlendioxyd) anreichern. Diese wunderbare Wechselbeziehung zwischen Mensch und Pflanze darf bei keiner neuzeitlichen Siedlungsplanung mehr unberücksichtigt bleiben. Es wird nun bis zu der geplanten, aber noch sehr zeitraubenden Re¬ gionalplanung in Zusammenarbeit mit sämtlichen beteiligten Stellen eine einstweilige Sicherstellung der Waldränder ausgearbeitet. Daß gerade der Waldrand enes besonderen Schutzes bedarf, liegt an seiner ausgesetzten Lage und auch daran, daß seine Bedeutung für einen ge¬ sunden Fortbestand des Waldes noch viel zu wenig berücksichtigt wird. Ein mit standortgemäßen Büschen von Hasel, Hartriegel, Pfaffenhütchen, Schnee¬ ball, Heckenkirsche, Faulbaum, Weiß= und Kreuzdorn dicht besetzter Waldrand ist der unentbehrliche Schutzmantel gegen das Aushagern des Waldbodens durch den Wind, eine Gefahr, die noch bedeutend durch eine (unerlaubte) Streunutzung erhöht wird. Dann fehlt auch die „Naturselbstdüngung“ und das ungeheure Heer an humifizierenden Kleinlebewesen (Algen, Fadenpilze, Ur¬ tiere, Würmer, Rädertiere und Milben) geht immer mehr zugrunde. Außer¬ dem stellt der Waldrand eine der artenreichsten Lebensgemeinschaften dar, ist nicht nur wissenschaftlich eine nahezu unerschöpfliche Fundgrube und Be¬ obachtungsstätte, sondern' auch land= und forstwirtschaftlich wegen seines Reichtums an Nistgelegenheiten unentbehrlich. —Den Wert der Dinge merkt man leider oft genug erst, wenn sie verloren gegangen sind. So zeigt auch die abschreckende Karikatur eines falsch behan¬ delten Waldes schon durch seine Häßlichkeit und Hinfälligkeit, wie bitter sich eine Störung des Naturgleichgewichtes rächt; die Strauchzone fehlt, der Wald¬ boden ist ohne Stauden und Unterholz, die Bäume kümmern, die Naturver¬ jüngung will nicht fortschreiten und so entsteht — besonders wenn nur Fichten allein gesetzt worden sind —der reine „Stangenacker“. Es versteht sich, daß ein solches Gebilde, das man weder Wald noch Forst mehr nennen kann, auch 137

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