Gesellen wurde ein Lehrbrief ausgefertigt, welchem das in einer gedrehten hölzernen Kapsel eingeschlossene wächserne Siegel des Handwerks angehängt wurde. Solcher Lehrbriefe befinden sich einige in der Steyrer Lade. In das noch vorhandene Protokollbuch wurden auch die Freisprechungen und Meister¬ sprechungen vom Jahre 1593 bis 1803 eingeschrieben. Ein solches Protokoll aus dem Jahre 1603 erzählt, daß der Lehrjunge Hans Eungl vor einem ehr¬ samen Handwerk der „Haffner, im Beysein der Maister und Khnecht miessig gezelt von seinen Lehrjaren, und zu einem Haffner Khnecht an und auff¬ genomen“ worden ist. Dann mußte der junge Knecht wandern. In der Lade liegt eine Handwerksordnung aus dem Jahre 1628, welche die von Kaiser Friedrich im Jahre 1485 gegebene neu auflegt. Darin ist genau vorgemerkt, daß ein nach Steyr kommender Hafnerknecht auf der gewöhnlichen Herberge einziehen soll; hier hatte er 5 Kreuzer zu verzehren und mußte nach dem Alt¬ knecht schicken, welcher ihn einem Meister zuwies. Wollte der Knecht bei dem Meister nicht einstehen, mußte er vierzehn Tage aus der Stadt ziehen. Nach 14 Tagen Arbeit bei einem Meister konnte er den Platz wechseln. Auch über das Benehmen des Knechtes gab die Handwerksordnung Wei¬ ungen. „Wan ein Khnecht oder Junger für Ein Maister geht, so soll er denn Huett ruckhen und dem Maister die Er geben. — So solle Khain Khnecht nicht Porfueße, für das dritte Haus gehen, noch Vill weniger in die Statt zu gehen, den er habe einen Richt Spann ode Hamber (die Abzeichen des Hafner¬ handwerks) welcher dorüber thain wurtte, der soll dem Handtwerch in der Stroff sein. Ain Pfundt wachs.“ (Das Wachs war für kirchliche Zwecke be¬ stimmt.) Die Arbeitszeit war von 4 Uhr früh bis 7 Uhr abends; nur Montag und Samstag wurde um 6 Uhr Feierabend gemacht. Es war ein hartes Da¬ sein für die Knechte und gering war die Aussicht, selbständig zu werden, da die Anzahl der Betriebsstätten in den Städten meist durch Privilegien be¬ schränkt war. In Steyr waren es um die Mitte des 16. Jahrhunderts vier, früher fünf. In der Lade finden wir den Bericht eines Rats=Kommissärs über die Aufnahme des Hafnergesellen Simon Staininger, welcher auf sein „erlerntes Handwerk“ das Bürgerrecht erhalten soll, als Meister in das Handwerk. Er mußte einen Essigkrug, einen Hausdachknopf, einen Häfen und einen Plutzer nach bestimmten Maßen anfertigen, welche vom Stückmeister überprüft wur¬ den. Sodann erfolgte die feierliche Angelobung. Im sechzehnten Jahrhundert war nach Wien Steyr die größte und blühendste Stadt in Oesterreich. Mit Stadt gedieh auch das Zunftwesen. der Die Hafner der Umgebung suchten Schutz beim Handwerk in Steyr und ließen sich einverleiben. Alljährlich kamen die Meister mit ihren Erzeugnissen — zum Steyrermarkt. Vor Marktbeginn wurde große Warenschau gehalten denn was den hohen Anforderungen des Handwerks nicht entsprach, durfte nicht verkauft werden. Die Handwerkslade birgt manche Protokolle über Handwerksversammlungen, welche gelegentlich dieser Märkte abgehalten wurden. Den Steyrer Meistern wurde der immer größer werdende Zustrom im Jahre 1613 waren es siebenundzwanzig! von auswärtigen Meistern — mit ihren Waren sehr unangenehm und sie setzten den Beschluß durch, daß kein fremder Meister mehr als zwei Fuhren zum Markt bringen dürfe. Nach dem Markte durften die fremden Meister das nicht verkaufte Geschirr an einem sicheren Orte versperrt einlagern. Es kam aber vor, daß aus diesen Depots verkauft wurde, was die Steyrer Meister energisch abstellten. Sehr großen Schaden fügten ihnen die sogenannten Kraxenträger zu, welche auswärts erzeugte Töpferwaren in Steyr absetzten und so den Stey¬ rern, welche durch die Kriegszeiten ohnehin stark gelitten hatten, „das Brot vor dem Maul“ wegnahmen. Auch über einen Streit berichten die Blätter in 124
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