Alma F. Peters, Steyr: 8 Musik in El. Ilotian Landeshauptstadt. Sommerliches Konzert des Bruckner=Chores in Sankt Florian. Nur der Mensch, der so darnach dürstet wie ich, sein Herz vom Staub des Alltags zu reinigen, kann es verstehen, mit welcher Sehnsucht ich den Sonntag herbeisehnte, der mir im wahrhaften Sinne des Wortes feiertägliche Stunden bringen sollte. Klopfenden Herzens, wie ein Kind beim ersten Schulgang, besteige ich dieStraßenbahn nach Ebelsberg. Menschen, Menschen und wieder Menschen. Wo habt ihr denn euer Feiertagsgesicht? Sucht ihr nicht, gleich mir, ein Stück der verklärten Welt zu erhaschen? Könnte ich doch euren Ohren predigen, ich wollte eure Herzen entfachen für all das Schöne in der Welt. Ihr müßt es ja nicht einmal suchen, braucht nur eure Herzen aufzutun, die Sprache der Musik versteht ein jedes Herz. Ratternd und stoßend entflieht die Bahn der Stadt, die weithin ihre Arme ausstreckt. Schlote und Rauchfänge, Masten und Leitungsnetze über¬ ragen die niedrigen Häuser der Vorstadt. Kleine Gärten, Kraut und Kar¬ toffel, blühender Mohn und buntschillernde Wicken, ein brüderliches Gewirr, erwecken mildlächelndmachende, gute Gedanken. Großmütter in einfach=alt¬ modischem Sonntagsstaat trippeln über die Straße, ein Wiesenstück mit einer tobenden Bubenschar huscht vorüber, auf langen Schnüren flattern Windeln im Wind. Brückenbogen spannen sich weit über die wilden Wasser der Traun. Endstation! Alte Häuser mit roten Geranien und nickenden Fuchsien in den Fenstern säumen die Straße, die Schienenstränge der Kleinbahn blitzen in der Sonne. Ich aber schlage, den schlafenden, steinernen Krieger an der Friedhof¬ mauer still grüßend, den Feldweg ein, der mich dem lauten Getriebe des Allerleuteweges entführt. Der Wald steht dunkel gegen die schiefergraue Wolkenwand, die sich ge¬ witterig den Himmel entlangzackt, um schließlich mit dem Dunst der Stadt eins zu werden. Die Höhe erreicht, wellt sich das Land vor meinen Augen in sanften Wogen. Lichtgrüne Wiesen und dunkleres, unruhiges Meer von Klee, blütengetupfte Kartoffelfelder und goldenrot schimmernde Hänge von reifendem Korn. Dazwischen schmiegen sich kleine Inseln von Sträuchern und laubgekrönten Bäumen, ducken sich in Mulden und an die Lehnen der Berg¬ rücken niedere Bauernhäuser abwechselnd mit stattlich massigen Vierkant¬ höfen, die von Birnen= und Apfelbäumen umschattet, von Linde und Holun¬ derstrauch jahrhundertelang begleitet, ihre kleinen Fenster, geschmückt mit Rosmarin und Nelkenblüh, in die Weite blicken lassen. Was für ein Zauber geht doch von einem Bauernfenster aus! Zauber der Heimat, des Friedens, der Ruhe — die Seele wird weit und fröhlich, hebt sich über die Sorgen und Gedanken des Alltags hinaus, sieht in jedem Halm, in jedem Tierlein die schöpfende Hand Gottes. Das Aehren¬ meer, das vom Wegesrain dem Wald zu sich hinstreckt, wird zur Offenbarung des Lebens, nicht mehr drohen kann der dunkle Wald, der finster dahinter¬ hockt wie das furchtbare Gespenst des Todes. 119
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