Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1950

Lindner überreichte ein „Tractätl de vitae humanae brevitate"se). Im folgen¬ den Jahre dedizierte Johann Gstettner, Hofprediger zu Weißenburg, eine „Theologische Tabel*t), M. Hieronymus Weixelberger eine philosophische Dis¬ putation*) und 1624 Siegmund Pichler einen „Abriß des Landtß und ain rechnung durch aritmetische khunst“ss). Dem genialen Astronomen Johan¬ nes Kepler, der seit 1611 als Mathematikus der Landstände in Linz wirkte, ließ die Stadtobrigkeit im August des Jahres 1616 für „verehrte Exemplar acht Taler einhändigens) Berühmte Historiker schrieben vor und nach 1618 ihre für die Ge¬ schichte der Stadt überaus wertvollen Jahrbücher. In lateinischer Sprache verfaßte sie im Auftrag des Garstner Abtes Anton II. Wolfgang Lind¬ ner. Seine Annalen betreffen die Ereignisse in der Zeit von 1590 bis 162285 Vom Ennsdorfer Färbermeister Jakob Zetl stammt die von 1618 bis 1635 reichende Stadtchronik. Zu den bekanntesten Geschichtsforschern aber zählt der Eisengewerkschaftssekretär Valentin Preuenhueber. Von 1625 bis 1630 schrieb er die mit dem Jahre 1618 endenden „Annales Styren¬ 77 ses“ die erst 1740 in Nürnberg vom Buchhändler Johann Adam Schmidt herausgegeben wurden. Der bedeutendste Reformationshistoriker der Gegen¬ wart, Universitätsprofessor DDr. Karl Eder, urteilt über Preuenhuebers Werk: „Vergleicht man die Annales Styrenses mit verwandter geschichtlicher Literatur der Zeit zwischen 1600—1630, so erheben sie sich um ein Bedeuten¬ des über den Durchschnitt. Man darf sie mit Fug als eine hervorragende Leistung der österreichischen Historiographie im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges und als eine der besten Städteannalen im gesamtdeutschen Raum be¬ zeichnen“se) Mit wenigen Strichen nur konnte hier das reiche Kulturgeschehen der Eisenstadt vor dem Ausbruch des unheilvollen Krieges aufgezeigt werden. Verhältnismäßig rasch hatten die Kriegsereignisse eine große Teuerung und Hungersnot zur Folge. Um Weihnachten 1622 schreibt Zetl in seiner Chronik: „Es ist Kein ainicher Fleischhackher herein in die Statt gefahren, sondern es eindt die Leuth selber auf Sirning, in die Rämbing, in den Stainbach, auf die Straß ond auf Ternberg gangen ond haben das Fleisch geholt, Ess ist 787). Kain Wochenmarkht gewessen auch Als in den nächsten Jahren durch die politischen und religiösen Wirren die Not immer größer wurde, schwand begreiflicherweise das Interesse für alle kulturellen Veranstaltungen. Im Dezember 1626 wurden von der Stadt¬ behörde acht Jugendliche, die um die Bewilligung zur Aufführung einer Komödie vorsprachen, mit folgendem Beschluß abgewiesen: „Bei jetziger be¬ triebter Zeit bschaffenheit sind diese Burben von Ihrer vorhabeten comedi in die Kirchen zum Gebett gewisen“ss). Es mußten noch viele Jahre vergehen, bis sich die Stadt am Fuße der uralten Styraburg von den Drangsalen des Dreißigjährigen Krieges wieder erholen konnte, dann aber folgte eine Zeit, in der jene herrlichen Barockbauten entstanden, die wir noch heute bewundern. Anmerkungen. Abkürzungen: St. = Stadtarchiv Steyr, Rp. = Ratsprotokoll. 1)Dominikanerkirche. In der Reformationszeit die Schul= oder Klosterkirche. Evangelische Lateinschule. 2) St. Rp. 1578, 6. Bd., S. 100. 3) Dalentin Dreuenhueber, Annales Stprenses, S. 218k. 4)DDr. Karl Eder, Studien zur Reformationsgeschichte Oberösterreichs. 1. Bd. Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung. Linz 1955. S. 140, Anmerkung 518. St. Rp. 1586, 166; 1591, 266; 1615, 218, 225, 226, 244; 1614, 51, 252, 254; 1616, 107; 1617 157. — J. Jäkel, Kirchliche und religiöse Zustände in Freistadt während des Reformations=Zeitalters. 20. Jahresbericht des k. k. Staatsgrmnasiums in Freistadt in Oberösterreich, 1890, S. 50. 98

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