feierlicher Trauergottesdienst. Der Pfarrer des Ortes, ein alter, blinder Mann Gestalt, umgeben von Priestern im mit schneeweißen Haaren, eine ehrwürdige reichen Ornat, hielt das Requiemt. Seine Stimme war hell und feierlich, ein Sängerchor antwortete und Trompeten und Posaunen tönten durch die Kirche. Ich sah den Vater an, er mich, wir wußten nicht, wer das alles so ange¬ ordnet hatte. Heute weiß ich, daß es meine Freunde in Krieglach gewesen, die uns den schönen Liebesdienst getan haben. Als der Trauergottesdienst vorüber war, wurde der Sarkophag weg¬ geräumt, wurden am Hochaltare alle Festkerzen angezündet und drei Prie¬ ster, nicht mehr in Farben der Trauer, sondern in rosigem, golddurchwirktem Meßgewande traten an die Stufen des Altares und es wurde ein feierliches Hochamt mit hellem Glockenschall und fröhlichem Musikklange aufgeführt. „Weil sie erlöst ist von dem Leide“, sagte ich zu dem Knaben. Endlich schwankte der Sarg, reich geziert, von der Pfarrkirche, in welcher die Waldbäuerin voreinst getauft und getraut worden war, dem Friedhofe zu. Die Priester und der Sängerchor sangen laut und hell das Requiem, die Glok¬ ken klangen über das Dorf weithin in die Wälder und die Kerzen flackerten im Sonnenschein. Ein langer Zug von Menschen bewegte sich durch die breite Dorfgasse. Wir gingen hinter dem Sarge und hielten brennende Kerzen in den Händen und beteten. Draußen zwischen Aeckern und Wiesen auf einer sanften Anhöhe liegt der Friedhof. Er ist nicht klein, denn die Pfarre erstreckt sich weithin über Berg und Tal. Er ist eingefriedet mit einem Bretterzaun, viele Kreuze von Holz und verrostetem Eisen stehen darin und mitten ragt das Bildnis des gekreuzigten gerade Erlösers. Vor diesem Bilde zur rechten Hand war das tiefe Grab Wald¬ an derselben Stelle, wo sie vor Jahren die zwei verstorbenen Kinder der bäuerin gebettet hatten. Zwei frische Erdhügel lagen am Grabe geschichtet. Hier ließen die Träger den Sarg zu Boden und entkleideten ihn aller Zier und arm, wie er gekommen war aus der Waldhütte, rollte er hinab in die Grube. „Heut' ist's an dir, morgen ist's an mir; so bin ich schon zufrieden“ mur¬ melte mein Vater und der Priester sagte: „Sie ruhe im Herrn! Dann warfen sie Erdschollen hinab und gingen davon. Gingen dem Wirts¬ Als hause zu, genossen Wein und Brot und redeten von täglichen Dingen. die zwölfte Stunde war und nach der Sitte die Kirchenglocken noch einmal anhuben zu läuten, der Bestatteten zum letzten Gruß, machten sich die Wald¬ bewohner auf den Weg gegen ihr Hochtal. Wir Zusammengehörigen saßen noch eine Weile beisammen und sprachen traurig von der Zeit, die nun kommen mußte, und, wie sie einzurichten sei. Dann nahmen wir Abschied, Vater und Geschwister gingen heim in die Wald¬ hütte, um in derselben wie die Mutter zu leben und zu sterben. Mich hat ein Freund in Krieglach zu seinem Tisch geladen, hat einen Becher mit Schaumwein gehoben und das Wort gesagt: „Die Toten sollen leben! Sie leben in unserem Herzen. In der letzten Stunde vor der Abreise nach der Stadt ging ich durch ein Nebengäßchen auf den Friedhof. Das Grab war noch offen und einsam stand unten der weiße Sarg. — Die Sonne deines letzten Tages geht jetzt unter und dereinst werden die Zeiten nimmer zu messen sein, vor denen du das irdische Licht hast gesehen. Die Erde rollte hinab und über den Bergen der Waldheimat lag ein fremder Schatten. 1) Die Trauermesse 89
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