schafft, mit dem er Getreide, Salz, Most und Sonstiges transportierte, aber alles ums Geld, natürlich, weil er davon leben mußte, und nicht nur das, sondern auch reich werden wollte, um an der neuen Straße ein großes Wirts¬ haus zu bauen. Ein Gastwirt zu sein, das war sein Ideal und er hatte auch das Zeug dazu, er war allfort bei Humor und hätte es schon verstanden, seine Gäste zu unterhalten. Heute aber, da er in unsere Stube trat, war er gar nicht bei Humor. „Ihr macht unsereinem eine recht unnötige Mühe“, sagte er und setzte sich schnaufend auf die Wandbank. „Hast du schon gehört, Waldbauer, daß ich mich geschäftswegen wem angekoppelt hab'? Wirst so was von mir nicht gehört haben, weil ich's Gottlob nicht vonnöten hab'. Wenn ich mich aber einmal selber antrag', daß ich was führen will, so führ' ich's umsonst. Ich hab' gehört, daß dein Weib zum Stegthomerl möcht' und kein Fuhrwerk hat. Meine Mutter, Gott tröst' ihre Seel', ist auch lang' so krank gewesen, ich weiß, wie das ist, es ist ein Elend. Wenn's euch recht ist, so führe ich morgen die Waldbäuerin hinüber zum Stegthomerl.“ Da sind wir alle wohl gar recht froh gewesen. Wir haben nicht weiter daran gedacht, ob die weite Fahrt nützen wird oder schaden oder ob die neue Medizin angreifen wird oder wie die Krankheit hernach ausgehen wird? Zum Stegthomerl, nur zum Stegthomerl, damit war uns alles ge¬ wonnen. In der nächsten Frühe, als der Morgenstern zwischen den mächtig schwar¬ zen Eschenbäumen herlugte, wurde ich geweckt. Der Vater mußte ja daheim bei der Wirtschaft bleiben, so sollte ich, der dreizehnjährige Junge, mit der Mutter sein, um darauf zu achten, daß ihr nichts widerfahre. Die Mutter saß schon bei ihrem Frühstück und tat, als ob ihr die Milchsuppe rechtschaffen munde. Der Samersteffel und ich aßen eine Pfanne Sterz weg und dann fuhren wir davon. Der Steffel saß auf dem Kutscherbänklein und redete laut seinem Rößlein zu, daß es heute einen Gescheiten machen und recht flink drein¬ traben solle, „damit wir die Waldbäuerin heimbringen, so lang' es noch heut heißt.“ Meine Mutter saß, in alle ihre Kleider und obendrein noch in den Wettermantel meines Vaters vermummt, auf einem Lederkissen, zu Füßen hatte sie Stroh und über das Ganze lag eine schwere Bettdecke, aus der nur ein Teil ihres Hauptes ein wenig hervorschaute. Neben diesem Krankenbette saß ich und hatte ein schweres Herz. Es war noch die frostige Nacht, über dem Wechselberg wurde der Himmel Jetzt erwachten — erst ein wenig blaß. Der Weg ging über die Auen dahin. die Vögel, jetzt begann die Herrlichkeit des Morgenrotes, jetzt stieg die große Sonne empor. Meine Mutter zog die Decke ein wenig zurück und schaute hin¬ auf in die Sonne. „Ich habe einen guten Trost“, flüsterte sie und suchte meine Hand anzu¬ fassen, „wenn der Sommer ein wenig mithilft und der Stegthomerl auch ich bin ja doch noch nicht so alt. . . was meinst, mein Kind, werd' ich gesunder¬ weise noch einmal können die Welt anschauen? Ich war so zuversichtlich wie sie, mir war leicht geworden. Die Morgen¬ sonne! Die liebe, warme Morgensonne! Die Mutter wurde gesprächig. 's ist närrisch auch noch“ sagte sie auf einmal und lachte fast laut, „daß der Mensch so viel gern auf der Welt ist. Meine Leut' möchte ich halt wohl ungern verlassen. Mein Lenzel, dein Vater, tät' mir so viel derbarmen, wenn er niemand mehr hätte; die Kinder sind noch klein. „Ich werde jetzt doch schon ziemlich groß“, war mein Einwand. Da wendete sich die Mutter mit dem Gesichte ganz zu mir und sagte: „Just du, mein Peter, just du machst mir die meisten Sorgen. Du kommst mir halt ganz anders vor wie andere Buben in deinen Jahren. Hast zur Arbeit keinen 78
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