Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1949

1. Abblattung (aus den untersten 3 bis 4 Blättern bestehend), 2. Abblattung (aus den nächsten 3 bis 4 Blättern bestehend), 3. Abblattung (aus den mittleren Blättern bestehend), 4. Abblattung (aus den oberen Blättern der Pflanze bestehend). Die Abblattung der feinen Zigarettentabake (Orienttabake) erfolgt in um¬ gekehrter Ordnung. Solche Tabake werden aber in unserer Gegend nicht gebaut. Die Reife der unteren Blätter tritt schon einige Tage nach der Entgipfe¬ lung ein. Das Ernten soll in den ersten Morgenstunden, nachdem der Tau abge¬ trocknet ist, geschehen. Noch am selben Tage müssen die gebrochenen Blätter aufgefädelt und entweder in Scheunen oder auf einem luftigen Dachboden auf¬ gehangt werden. Für die Trocknung ist wichtig, daß der Tabak richtig reif geerntet wird. Es muß darauf gesehen werden, daß nicht Tau oder Regen den Tabak angreifen. Ist der Tabak richtig getrocknet, kann er abgenommen werden. Ist er jedoch so trocken, daß er beim Abnehmen bricht, so läßt man ihn einige Nächte etwas Feuchtigkeit aufnehmen. Dies wird der Kleinstanbauer am besten dadurch erzielen, daß er feuchte Tücher um das Tabakbündel schlägt. Die Fermentation. Capus behauptet, daß die Fermentation nicht nur den Zweck hat, das Aroma zu entwickeln, den Wassergehalt des Tabakes zu senken und die Brenn¬ barkeit zu erhöhen, sondern auch den Nikotingehalt etwas zu erniedrigen, den Blättern eine ziemlich einheitliche Farbe zu geben und eine bessere Konservie¬ rung des Tabakes zu gewährleisten. Die Fermentation ist ein chemischer Um¬ etzungsprozeß, der sich innerhalb aufgeschichteter oder in Ballen verpackter Tabake vollzieht. Während der Fermentation entwickelt sich Wärme durch den Ab= und Umbau der vergärenden Stoffe im Tabak. Diese Wärme zu regulie¬ ren und zu erzeugen, ist die Kunst der Fermentation. Der Pflanzer, welcher nur für den eigenen Bedarf anbaut, erntet nur so geringe Mengen, daß sie zur Selbsterwärmung nicht ausreichen. Es muß da¬ her, damit der Fermentationsprozeß in Gang kommt, von außen Wärme zugeführt werden. Der Kleinstanbauer wird daher seine Tabakblätter in eine geräumige Kiste legen, die am Boden und an den Wänden und — nach Einlegen des Tabakes auch oben — fest mit Laub, Heu, Stroh oder Holzwolle ausgepolstert wird. Falls der Tabak die Kiste nicht ganz füllt, wird auf diesen ein reines Tuch gelegt und die Kiste mit Stroh u. dgl. bis oben angefüllt. Darauf kommt nun der etwas kleinere Deckel, der mit Gewichten oder Ziegelsteinen etc. be¬ schwert wird, damit auf den Tabak Druck ausgeübt wird. Beim Einlegen ist zu beachten, daß nach einer Lage von etwa 10 cm der Tabak ganz leicht (2 bis 3Eßlöffel voll) mit Zuckerwasser besprengt wird. Die Kiste soll in einem Zimmer stehen, das etwa 18 Grad Celsius Wärme besitzt. Hat der Tabak nach einigen Tagen eine Temperatur von 50 bis 58 Grad Celsius erreicht, muß er umgesetzt werden, d. h. die in der Kiste befindlichen äußeren Blätter werden nach innen gelegt und umgekehrt. Ist nun die vorgenannte Temperatur noch¬ mals erreicht worden, so ist der Tabak fertig fermentiert und kann nun ge¬ schnitten werden. Bei zu geringer Wärmeentwicklung infolge der kleinen Tabakmenge läßt sich die Wärme von außen zuführen. Ein Praktikus hat da¬ bei gute Erfahrung mit einer schwachkerzigen Birne gemacht, die er unter der Kiste anbrachte. Heizbare Brutöfen sind bei geruchloser Heizung ebenfalls zum Fermentieren verwendbar. Petroleumdämpfe verderben den Tabak. Vor dem Schneiden wird der Tabak etwas angefeuchtet, damit er griffig ist. 258

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2