Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1949

Schicksale einiger Naturdenkmale der Bezirke Steyr=Stadt und =Land Von Professor Dr. Heinrich Seidl. Beauftragter für den Naturschutz im Lande Oberösterreich. Naturschutz ist heute zu einer weltumspannenden Organisation geworden und vertritt Kulturaufgaben, denen sich kein höher organisierter Staat und schon gar nicht ein an Naturgütern so reiches und schon darum berühmtes Land wie Oesterreich verschließen darf. Bekanntlich besteht seine Hauptaufgabe in der fachmännisch gelenkten Er¬ haltung von besonders schönen oder wissenschaftlich wertvollen Landschaften (Naturschutzgebiete), dem Schutze von in ihrem natürlichen Bestande bedrohten Wild=Pflanzen und =Tieren und in der Bewahrung der Naturdenkmale, das sind Einzelschöpfungen der Natur, deren Erhaltung wegen ihrer Schönheit, Eigenart, naturwissenschaftlichen oder geschichtlichen Bedeutung im allgemeinen Interesse liegt. Der Raummangel erlaubt heuer noch nicht, hier mehr zu bringen, als die Besprechung einiger Veränderungen, die an heimatlichen Naturdenkmalen stattgefunden haben. Durch unmittelbaren Kriegseinfluß haben Naturdenkmale i. a. weniger gelitten, als die fast gänzlich auf Siedelungen beschränkten Kunstdenkmale. Immerhin hat Steyr durch den dreifachen Bombenwurf in den Tabortrakt des Bundesrealgymnasiums den großen etwa hundertjährigen Weinstock ein¬ gebüßt; die gegenüberstehende Riesenesche, einer der höchsten Bäume der Stadt, blieb unverletzt; ebenso die prächtige alte Linde neben Schloß Vogel¬ sang, in deren nächster Nähe die Stützmauer von einer Bombe zerstört worden ist. Viel Schaden brachte der schon in den letzten Kriegsjahren einsetzende Borkenkäferbefall durch den nach der Regelmäßigkeit seiner Brutgänge soge¬ nannten „Buchdrucker“, den großen Fichtenborkenkäfer. Ihm fielen die beiden hohen und tiefästigen Fichten gegenüber der sogenannten Schneckenkapelle in der Fraysing zum Opfer und die beiden schönen „Torwächter“, die Fich¬ ten beim Zwingertor des Schlosses Lamberg. In wieweit das Auftreten eines sonst bei uns nicht häufigen Buchen=Borkenkäfers an dem Rotbuchensterben im Stadtpark direkt beteiligt ist, steht noch nicht fest. Pilzbefall und Boden¬ verschlechterung scheinen daran mindestens mitbeteiligt gewesen zu sein. Je¬ denfalls wird nach dem eingezogenen Gutachten der Lehrkanzel für Forst¬ schutz ein noch viel dringlicherer Durchhieb notwendig werden, als er bisher zur Freimachung der allzu schmalen Baumkronen durchgeführt worden ist. Die Bodenverbesserung wird durch mehrjährige Belassung des Fallaubes unter den Parkbäumen und Heranzucht eines gesunden Unterwuchses erreicht werden können. In dieser „Sanierungszeit“ wird die Schönheit des Stadt¬ parkes natürlich geringer sein, doch muß dies, da nur so größere Schäden vermieden werden können, ertragen werden. Eine Uebersicht über die Pflege und Ausgestaltungsmöglichkeit der übrigen schutzwürdigen Grünflächen der Stadt folgt später. Der schöne dreieckige Schloßhof hat leider durch einen schweren Pilzbe¬ fall seine 7 schönen Trauerkastanien, die den Schloßbrunnen stimmungsvoll 11 * 161

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