die Binder die geringe Nachfrage nach „Sensenfaßl“, wurden doch fünf Jahre früher noch jährlich zwei= bis dreihundert Stück benötigt! Den katastrophalen Zustand Steyrs vor dreihundert Jahren beleuchtet wohl am besten die bekannte Tatsache, daß von 600 Häusern 70 eingestürzt, 141 verödet und 191 von verarmten Leuten bewohnt waren, die keinerlei Ab¬ gaben leisten konnten!s Häufig ist in den Ratsprotokollen des Jahres 1648 von der „silberarmen Zeit“ die Rede. Es ist eine bekannte Tatsache, daß sich in wirtschaftlich schlechten Zeiten oder verschiedene Mißstände zeigen, daß Außenseiter wie Störer, Stümpler oder Fretter sich bemerkbar machen, daß Preisüberschreitungen vorkommen sich das eine oder andere Handwerk Uebergriffe in das Arbeitsgebiet eines anderen erlaubt. Aus den vielen Beispielen in dieser Hinsicht greife ich nur ein paar heraus. Im Jahre 1660 untersagte der Magistrat 94 ledigen „Men¬ chern“ und Bürgerstöchtern den Verkauf selbstgestrickter oder gehäkelter Er¬ zeugnisse. Falls die ledigen „Menscher“, so heißt es in dem Ratsbeschluß, sich nicht fügen wollten, würden sie ins Narrenhäuss““ gesperrt und dann aus der Stadt entfernt werden. Den Bürgerstöchtern drohte man mit Leibesstrafen !4 1667 wollten die Fleischhauer das Rindfleisch um 14 Pfennig verkaufen. Auch darüber ist der Rat sehr ungehalten und erläßt folgende Verfügung: „Wegen dieses Frevels soll jeder, derdies tut, von 1 Uhr nachmittags bis 4 Uhr früh in den Kasten geschafft werden. Das bessere Rindfleisch ist um 10, das schlech¬ 7 146 tere um 9 Pfennig festgesetzt“ Der weitaus größte Teil der Zunftakten ist erfüllt von Handwerksstreitig¬ keiten. Solche hat es immer gegeben, aber in Zeiten eines flauen Geschäfts¬ ganges waren sie im Zunehmen begriffen, so am Anfang und am Ende des 16. Jahrhunderts und nach dem Jahre 1626. Es beschweren sich die Säckler über die Ringmacher, die ihnen „das Brot vorm Maul“ abschneiden und eine „Schmelerung des Handwerks“ verursachen!“ die Tuchscherer führen Klage wider die Tuchhändler!s die Klampferer bringen beim Rat zur Anzeige, daß die Kupferschmiede die Dächer mit weißem Blech decken!“ die Stadtschneider sind ungehalten über die Schneider in Garsten, weil diese Arbeiten in die Stadt liefernt5 die Tischler wiederum sind von Haß erfüllt gegen die Zim¬ merer, weil sie Kasten, Gewandtruhen und Wiegen erzeugen, obwohl in einem Vertrag schon einmal die Arbeiten für jedes Handwerk festgelegt wurden! Schild des Gasthauses Zeichnung von „Zur goldenen Sense“ J. Drausinger die Huf= und Hammerschmiede können nicht zusehen, wie Geimeister Ketten und andere Erzeugnisse auf den Wochenmärkten verkaufen!s. So könnte man diese Beispiele noch beliebig lang fortsetzen. Die Schlichtung dieser Streitfälle oblag gewöhnlich der Stadtobrigkeit. Verhältnismäßig groß ist in diesem Zeitraum die Zahl der bestätigten Handwerksordnungen. In vielen Fällen handelt es sich aber nur um eine verbesserte Neuauflage alter Zunftsatzungen. 142
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