Den Handwenkenstand. in der tausendjährigen Geschichte Steyrs') Von Jasef Opier Adalbert Stifter, der in den Fünfzigerjahren des vorigen Jahrhunderts mehrmals in Steyr weilte, sagt einmal anläßlich eines Besuches: „Hier ist die Stadt des Eisens und des Stahls!“. Schon seit vielen Jahrhunderten bildet das Eisen, dem steirischen Erzberg in harter Arbeit abgerungen, die eherne Grundlage der gewerblichen Wirtschaft unserer Stadt. Doch nicht allein die Nähe der „Eisenwurzel“, wie die schier unerschöpfliche Erzlagerstätte einst genannt wurde, sondern auch die günstige verkehrsgeographische Lage der Stadt an einem wichtigen nach Norden führenden Handelsweg, nicht allzu fern der West und Ost verbindenden Donau, war ausschlaggebend für ihren wirtschaftlichen Aufschwung. Dieser bevorzugte Punkt, der im Hinblick auf die Kriegsereignisse des 10. Jahrhunderts auch von strategischer Bedeutung war, bewog wahrscheinlich auch das Geschlecht der Ottokare, die auf dem Felsen an der Steyrmündung thronende, seit 977 bezeugte Styraburgs zur Residenz zu erwählen. Wenn wir von Linz absehen, das kurze Zeit Albrecht V. und Kaiser Friedrich am Abend seines Lebens beherbergte, war Steyr durch die bis 1192 währende Anwesenheit des genannten Herrschergeschlechtes die einzige Stadt im Lande ob der Enns, in der ein Landesfürst sich dauernd aufhielt'. Diesem Umstand ist es wohl auch zuzuschreiben, daß unsere Stadt zur Eisenmetropole des Landes emporsteigen konnte und der Eisenhandel nicht an die Stadt Enns, dem älteren Handelsplatz, abgelenkt wurde An diesem gewinnbringenden Handel beteiligten sich auch die zu Bürgern gewordenen Adeligen, die einst im Dienste der Ottokare standen. Manche von ihren gelangten zu großem Reichtum und erwarben bedeutenden Grundbesitz'. Ihr Einfluß bei Hof hat sicherlich dazu beigetragen, daß der Handel mit Eisen der Stadt nicht verloren ging, sondern nur noch fester an diese gekettet wurde. Wie aus dem berühmten Albrechtinischen Privileg vom Jahre 1287 her¬ vorgeht, sicherten bereits die steirischen Markgrafen und später die Baben¬ berger, wenn auch nur durch gewohnheitsmäßige Verleihung, der Stadt das Stapelrecht für Holz und Eisen aus dem Innerberg. Der große Freiheitsbrief Albrechts I. erklärt nun „offiziell“ Steyr zum Niederlagsplatz für die ge¬ nannten Rohstoffe. Drei Tage lang mußte das Eisen den Bürgern feilgeboten werden. Erst wenn sich innerhalb dieser Zeit kein Käufer fand, konnte es weitergeführt werden. Dieses, der mittelalterlichen Handelspolitik entspringende Zwangsrecht, jederzeit von der Stadt zäh verteidigt, — wir denken vor allem an die Streitigkeiten mit dem Stifte Admont, mit den Hammermeistern in den Seitentälern der Enns und an den langwierigen Kampf mit der Stadt Waidhofen, — legte den sicheren Grund zum Emporblühen der mittelalter¬ lichen Stadtwirtschaft, in der der Eisenhandel die dominierende Rolle spielte'. Mit der Entwicklung dieses Wirtschaftszweiges vollzog sich allmählich der Aufschwung des Handwerks, dessen Geschichte bis zum Beginn des 15. Jahr¬ hunderts nur mit recht spärlichen urkundlichen Nachrichten belegt werden 128
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