Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1949

„Teuflement, die geht's grob an!“ Vom Tisch weg ging sie geradewegs in die Schlafkammer des Bauern und hielt dort Umschau, ob sein Bett in Ordnung sei. Denn ein gutes Bett sei so etwas Gutes, meinte sie und sah den Bauer an. Der Stumpfl sagte ohne jede Anzüglichkeit: „Ja, ja; a gutes Bett ist nit schlecht!“ Sie griff tief in die Strohsackfüllung und zog dann entrüstet die Hand zurück: „Na! Das gibt's einmal nit! So hart laß i mein Bauer nit liegen!“ „Mein Bauer“, lächelte der Stumpfl verkniffen, „da fehlt noch ein Ell! Nachdem sie das Stroh allseits mit zärtlicher Sorgfalt gründlich aufge¬ lockert und geriegelt hatte, setzte sie sich mit einem mächtigen Ruck probeweise mitten auf das Bett hin. Die Bettstatt machte einen ordentlichen Krach, denn sie hatte schon ihr Gewicht, die Gipflmarie. „So, jetzt ist der Strohsack aber butterweich! Will der Stumpfl probieren?“ Sie machte ihm neben sich Platz. Aber der Stumpfl gab sich zähe wie ein alter Dreikreuzerwecken und wollte nicht. Der Stumpflbauer war beileibe kein Trinker. Nur bei besonders festlichen Gelegenheiten, wenn eine neue Wirtschafterin einstand oder die alte mit Lärm abzog, nahm er das irdene Krügel von der Wandstelle der Küche und holte sich einen Trunk aus dem Keller. So saß er auch jetzt nach getaner Arbeit vergnüglich zusammengeduckt im fernsten Küchenwinkel und schlürfte mit großem Behagen sein Tröpfel. Die Gipflmarie wusch mit hochaufgestülpten Aermeln das Küchengeschirr blank und ließ ihre Habichtaugen keinen Augenblick von dem Bäuerlein im Winkel. Als die Gipflmarie mit der Küchenarbeit zu Ende war, wischte sie sich vor demBauer umständlich ihre fleischigen Arme trocken: „So, jetzt tragt's mir auch amal ein Raster!“ Dann setzte sie sich neben den Bauer auf die Bank und sagte: „Mir ist wahrhaftig so, als kenn i den Stumpfl schon zehn Jahr und länger!“ „Mir ist nit so, Gipflmarie!“ Da sah ihn die Gipflmarie einen Augenblick spinnegiftig von der Seite an, alswollte sie sagen: „Du verleidest mir bald, bockiger Teufel!“ Sie beherrschte sich aber gleich wieder und hoffte zuversichtlich, die Nacht und der Wein würden schon ihre Kuppler sein. Denn der Stumpfl hatte sich bereits zum zweitenmal das irdene Krügl gefüllt. Seine schlauen Mausaugen erglänzten schon heiter im Weine. Die Gipfl¬ marie dachte: „Er schaut jetzt schon ganz unternehmlich drein; jetzt wird bald ein Feuerl zünden!“ Und spielte unverdrossen weiter ihre Trümpfe aus: „Bauer, ist's Haustor zugsperrt?“ „Ja, ist zugsperrt!“ „Und die Knechte sein schlafen?“ „Ja, sein schlafen! „Dann sein wir ja jetz ganz allein!“ „Ja, ganz allein, i und die Gipflmarie!“ Die Gipflmarie ging, wie sie sagte, auf einen Augenblick hinaus und kam baldwieder schmerzlich hinkend zurück; bei jedem Schritt stöhnte sie: „Au, au“ und preßte die Zähne aufeinander, um den Schmerz zu verbeißen. Sie schleppte sich mühsam bis zur Bank und ließ sich aufstöhnend neben dem Bauer nieder. Aber der muckste sich nicht. 101

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