Jahrbuch des Kreises Steyr 1942

gen und kommt oft erst Ende Mai zum Vorschein. Angeblich ist sie von den Römern in ihren Bädern im Taunus aus Italien eingeführt worden. Bad Schlangenbadführt auch nach ihr seinen berühmten Namen, und vor Inkrafttreten des Naturschutzgesetzes ist sie dort als „Frem¬ denartikel“ und Reiseandenken lebend oder präpariert verhandelt worden. Daß Schlangen oft besonders milde, gesunde Orte bevorzugen, mag ihnen vielleicht im Altertum den Ruf der Heilkundigkeit (!)eingetragen haben, an dem noch im Mittelalter festgehalten worden ist und der sich im Namen Aeskulapnatter, also Natter des Heilgottes der Griechen, widerspiegelt, ja sogar im herkömmlichen Zeichen für die ärztliche Kunst: eine Schlange, die sich um einen Stab windet und — allenfalls —aus einer dargebotenen Schale — Heilsaft trinkt. Auch die übertriebene Vorstellung von der „Klugheit der Schlangen“mag damit im Zusammenhang stehen. Vom tierpsychologischen Standpunkt aus nehmendie Schlangen heute sogar eine recht mindere Stufe ein. Die Verehrung, welche die Aeskulapnatter bei Griechen und Römern des Altertums erfuhr, ist diesen Völkern jedenfalls auch wirt¬ schaftlich sehr zugute gekommen, denn die Lieblingsnahrung der sind großen Natter Mause, die blitzschnell überfallen, umwunden und zusammengedrückt werden. Dannsucht die Natter bei etwas gelockerten Schlingen den Kopf der Maus und verschlingt sie. Hiue nd da wird allerdings auch einmal ein halbflügges, aus dem Nest gefallenes Vogeljunges er¬ wischt. Ein solches ist aber in dieser Welt des unerbittlichen Kampfes ohnedies dem sicheren Verderben geweiht, so daß wir hier ruhig durch die Finger sehen können, wie ja überhaupt für die Naturschutzgesetzgebung nicht nur der im engeren Blickfeld liegende Standpunkt von „nützlich und schädlich“ im alten Sinne maßgebend ist, sondern das viel wesentlichere Ziel der Erhaltung des harmonischen Gleichgewichtes im Naturganzen, das der Mensch zu seinem Schaden so oft zerstört hat. Die so harmlose, anmutige und dabei noch besonders nützliche Aeskulapnatter verdient ganz besonders Schutz, weil sie sich nur schwach vermehrt und gewöhnlich nur fünf große runde Eier im Jahr legt. Die Jungen ähneln mehr einer jungen Ringelnatter. Die dritte oberdonauische Natter ist die früher oft als „österreichische Natter“ bezeichnete glatte oder SchlingnatterCoronella austriaca. Nach ihrer Lieblingsnahrung führt sie auch den Namen Eidechsennatterund nach ihrer besonderen Reizbarkeit auch Jachschlange. Der Name Zornnatter ist hier falsch, denn diesen Namen führt eine sehr große, längsgestreifte Natter der südlichen europäischen Halbinseln. Besser ist schon die mundartliche Bezeichnung Kupfernatter, weil sie häufig ein schönes Rotbraun mit metallischem Glanz zeigt. Auch das sogenannte dunkle Zackenband auf der Rückseite hat sie nicht selten mit der Kreuzotter ge¬ meinsam, doch ist dieses bei der Glattnatter meist in zwei Fleckenreihen aufgelöst. Das sicherste Kennzeichen gegenüber der Kreuzotter ist das große kreisrunde Auge, die runde Pupille, die großen Kopfschilder (Siehe Tafell) und die vollkommen glatten Schuppen. Unter¬ cheidungsmerkmale zweiter Güte, da nicht immer — aber doch meist — stark ausgeprägt, sind: der gerundet=dreieckige Kopf geht allmählich in den Hals über, der Leib ist länger (bis 1½ Meter), geschmeidiger, der Schwanz sehr lang und dünn, während der Hals der Kreuz¬ otter in der Regel deutlicher abgesetzt, der Rumpf dick und plump, der Schwanz sehr kurz (nicht über 6 Zentimeter und unterseits gelb) ist. —In alten Lehrbüchern steht noch von dem Hufeisenzeichen am Kopfe der Glattnatter und dem Andreaskreuz auf dem der Kreuz¬ otter. Ersteres ist wohl meist deutlich ausgeprägt und nach rückwärts offen; an seine zwei dunklen Enden reihen sich dann meist die Fleckenreihen des Rückens, während das oft ganz verschwommene X Zeichen der Kreuzotter in dem nach rückwärtsgerichteten Winkel den ersten großen Fleck der Rückenzeichnung aufnimmt. Das kleinere Männchen der Glattnatter zeigt mehr helleres Braun auf der Oberseite und ist auf der gelblichen bis rötlichen Unterseite oft grau „gewölkt“; während die etwas größeren Weibchen ober= und unterseits mehr Grau aufweisen. Entzückend zierliche, aber bissige kleine Geschöpfchen sind die jungen Glattnattern, wenn sie aus den eben gelegten Eiern geschlüpft sind. Sie sind äußerst beweglich und zeigen eine manchmal ziegelrote Unterseite. Die Glattnatter ist sehr verbreitet, liebt im Gegensatz zu der noch häufigeren Ringel¬ natter besonders sonnige trockene Lagen, Lichtungen, Waldränder, Kiesgruben, Schläge, richtet — sich —überrascht oft etwa 20 Zentimeter auf und zischt. —Ein Angriff auf Menschen erfolgt nur bei ausdrücklicher Reizung und dies gilt von allen einheimischen Schlangen. Der Angriff auf Beutetiere: Eidechsen, Blindschleichen, Mäuse (in der Jugend auch Heu¬ schrecken u. a. Kerfe) erfolgt aber blitzschnell, das Opfer wird in drei Windungen umwickelt und zusammengedrückt. Dieses Umschlingen hat der Glattnatter den Namen Schlingnatter eingetragen. 308

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2