Jahrbuch des Kreises Steyr 1942

Unsere Schlangen im deutschen Naturschutz Beitrag zum Steyrer Jahrbuch 1942 von Oberstudienrat Dr. Heinrich Seidl, Kreisbeauftragter für Naturschutz und Bergwacht. Leilsatz: „Nichts offenbart Art und Wesen des Menschen mehr, als sein Verhältnis zu Pflanze und Tier. Wie er mit der Natur umgeht, so ist er. Reichsminister Frick. Im vorjährigen Aufsatz dieses Jahrbuches über „Unser Reichsnaturschutzgesetz“ konnten die geschützten Tierarten nur sehr flüchtig besprochenwerden. Nun gibt es aber wenige Tiere, über die trotz ihrergroßen Verbreitung so irrige Ansichten und Vorstellungen herrschen, wie über die Schlangen.Ihnen soll daher in diesemJahr der nunmehr schon traditionelle Natur¬ schutzbeitrag gewidmet sein. Möge der Leser das leise Unbehagen, das ihn vielleicht bei Erwähnung dieser Tiere be¬ fällt, entschuldigen. Es ist aber notwendig, daß sich der deutsche Volksgenosse einmal mit diesen Fragen auseinandersetzt, denn einmal will man doch ein Gesetz, das sich allgemein so mi߬ achteter Tiere annimmt verstehen, andrerseits ist es kein geringer Gewinn, wenn diese Viel¬ verschmähten bei näherer Betrachtung sich als interessante, z. T. sehr nützliche, ja in ihrer Art schöne Geschöpfe erweisen. Nach unserer, seit April 1940 für die Alpenländer geltenden Naturschutzverordnung sind alle ungefährlichen Schlangen geschützt, für unsern Gau also die Ringelnatter, die Aeskulap¬ natter und die glatte Natter. Die Kreuzotter unterliegt dem Schutz natürlich nicht. Nachdem auch sämtliche Eidechsen geschützt sind, steht auch die bekannte fußlose Echse, die Blindschleiche, unter Schutz und soll hier wegen ihrer so häufigen Verwechslung mit den Schlangen besprochen werden. Nach dem Gesetz ist es „verboten, Tiere dieser Art (d. h. alle Kriechtiere oder Rep¬ tilien mit Ausnahme der Kreuzotter, sowie alle Lurche oder Amphibien, mit Ausnahme der Wassermolche, des Gras= und des großen Wasserfrosches) mutwillig zu töten, oder sie zum Zweck der Aneignung zu fangen, lebend oder tot mitzuführen, zu versenden, feilzuhalten, aus¬ zuführen, andern zu überlassen, zu erwerben oder bei solchen Handlungen mitzuwirken. Der letzte Satzteil mahnt an eine Strafbestimmung des allgemeinen Naturschutzgesetzes, welche be¬ sonders für den Lehrer und Erzieher von größter Bedeutung ist. Sie sei darum hier wört¬ angeführt. „Wer es unterläßt, Jugendliche unter 18 Jahren, die seiner Aufsicht unterstehen, von einer Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften dieser (der Naturschutz=) Verordnung abzuhalten, wird nach Absatz 1 (Pragraph 30) bestraft.“ Dieser Absatz sieht Haft und Geldstrafe bis 150 Reichs¬ mark vor. Das Verantwortungsbewußtsein unsrer Lehrer dürfte i. A. allerdings so hoch sein, daß sie dieser drastischen Mahnung nicht bedürfen, doch sei erinnert daß der angeführte Gesetzesteil für jeden Aufsichtspflichtigen gilt, unter dessen Gewalt die Jugendlichen stehen oder zu dessen Hausgenossenschaft sie gehören. Für die Terrarien= und Aquariumkunde, deren Ausübung eine Quelle edelster Erholung und Entspannung selbst in weitesten Volkskreisen geworden ist und welche für die Forschung nicht selten wertvollste Ergebnisse gezeitigt hat, sieht die Naturschutzverordnung insofern eine Ausnahme vor, als für zuverlässige Personen, bei denen eine sachgemäße Pflege der Tiere vorausgesetzt wird, eine Fang= und Haltungserlaubnis von der Naturschutzbehörde erteilt werden kann, und zwar für folgende Tiere: Ringelnatter, Blindschleiche, gewöhnliche Eidechse, Laub¬ frosch, Kröte, Unke, Salamander. Bei Besprechung der geschützten Schlangen erweist es sich zunächst als notwendig, sie einerseits gegen die Schleichen, andrerseits gegen die Kreuzotter abzugrenzen und ihre Stellung in der Klasse der Reptilien nachzuweisen. Die Schlangen sind als wechselwarme, hornschuppenbedeckte und zeitlebens mit Lungen latmende Wirbeltiere echte Reptilien und stammen von eidechsenartigen Vorfahren aus dem 303

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