Jahrbuch des Kreises Steyr 1942

Das Lebenswerk eines wahren kerndeutschen Mannes Zum Tode des Medizinalrates Dr. Richard Klunzinger. Einer der Besten ist von uns gegangen, still, aufrecht und ohne einen Laut der Klage in seinem schweren Leiden, das ihm — am letzten Augusttag, gerade als die Mittagglocken an sein Sterbelager im evangelischen Krankenhaus herüber¬ tönten —den Tod brachte. Schwer, sehr schwer tragen wir, die wir das Glück hatten, uns seine Freunde nennen zu dürfen, den unersetzlichen Verlust dieses edlen Mannes. Groß ist die Zahl, die um ihn trauert, seien es die vielen Hunderte seiner ehemaligen Patienten, denen er als Arzt geholfen, oder die nicht geringe Menge derjenigen, denen er mit Rat und Tat auf den mannigfaltigen Gebieten seines Wirkens hilfreich seine starke, sichere Hand geboten hat. Ein reiner Zufall hat es gewollt, daß der kerndeutsche Dr. Klunzinger in Ungarn geboren wurde. Sein Vater, Paul Klunzinger, war Eisenbahn= und Wasserbauingenieur und leitete im östlichen Nachbarland im Komitat Eisenburg an der Raab einen großen Bahnbau, und in dem kleinen, nur durch seine Festung einigermaßen bekannten Städtchen Vasvär (Eisenburg) erblickte sein Sohn Richard am 2. Februar 1865 das Licht dieser Welt. Beide Eltern, auch seine Mutter Anna, geborene Mauch, waren von Geburt Schwaben, also von jenem prächtigen deutschen Stamm, der dem deutschen Volk so besonders viele geniale Söhne geschenkt hat. Die hervorragend künstlerische Natur Dr. Klunzingers rührt von dem Mutters¬ vater her, der ein hervorragender Architekt in Stuttgart war. Dr. Klunzinger hat als Junge zuerst das Gymnasium in Wien besucht und kam in der Oberstufe nach Kremsmunster. Damit betrat er das erstemal unseren Gau, der ihm später zur zweiten Heimat wurde. In Kremsmünster maturierte er 1885 und besuchte die Universität in Wien, wo er sich 1892 seinen medizinischen Doktorhut erwarb. Die beiden folgenden Jahre verbrachte er als Assistent des be¬ rühmten Operateurs Dr. Brenner d. Ae. im Allgemeinen Krankenhaus in Linz, arbeitete dann noch ein Jahr an der Frauenklinik in Linz und eröffnete 1895 in Steyr seine Praxis, die er daselbst in unermüdlichem Berufseifer bis zum Juni dieses Jahres ausgeübt hat. Das Jahr 1896 brachte ihm am 27. Oktober die Verehelichung mit seiner Gattin Valerie, geborene König, mit der er in glücklichster Ehe gelebt hat. Sein Sohn, Dr. Wolfgang Klunzinger, erwarb neben seinem Ingenieur=Diplom auch den Doktor juris und ist Patentanwalt in Wien; dort lebt auch seine Tochter Ingeborg als Gattin des Rechtsanwaltes Dr. Fröhlich. Die Ordination Dr. Klunzingers war zuerst beim „Goldenen Pflug“ in der Sierningerstraße, später im „Stalzerhaus“, dem türmchengeschmückten Eckhaus am Eingang der Enge, dann im Meditz=Haus, Adolf=Hitler=Platz 9, in dessen mit Loggien gezierten schönen Hof noch immer der von ihm gepflanzte wilde Wein wächst. Mit dem Bau eines außerordentlich geschmackvollen Eigenheimes im Ostteil der Stadt bezog Dr. Klunzinger zunächst die Ordinationsräume im zweiten Haus hinter der sogenannten Katzmühle am Michaelerplatz, später richtete er sich im 945. Nachbarhaus, Michaelerplatz 13, seine Ordination ein. Während seiner reichen ärztlichen Tätigkeit versorgte er über 2000 Geburten, und von weit her kamen die Rufe nach seiner ärztlichen Hilfe. Humorvoll erzählte er von den abenteuerlichen Nachtfahrten, wovon eine in stockdunkler Nacht im Kollergrabenbach fast ein schlim¬ mes Ende gefunden hätte. Seine Einsatzbereitschaft für den in Not befindlichen 300

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