Jahrbuch des Kreises Steyr 1941

Tux, der Torpedobootshund Eine wahre Kriegsgeschichte von Alexander von Thayer. Der Maschinenmaat Kerschbaumer hatte ihn mitgebracht. Er war halb ein Schäferhund, halb ein Dobermann. Vielleicht war auch noch etwas anderes dabei. Er hieß Tux und kam vom Dachstein. Das größte Wasser, das er bis dahin ge ­ sehen hatte, war der Gosausee. Dort war sein Herr im Elektrizitätswerk von Stern und Hafferl als Elektriker tätig. Zweimal in der Woche begleitete Tux seinen Herrn hinauf in das Gebirge. Sommer und Winter. Da wurde der Wasserstand des vorderen und Hinteren Gosausees gemessen, wurden die Schleusen kontrolliert und was es ähnliches sonst noch zu tun gab. Lawinen verschütteten oft den Weg, der Sturm bog die schneebedeckten Fichten und dichtes Schneetreiben hüllte so manches Mal die Beiden ein. Dann zeigte Tux seinem Herrn den Weg. Dann kam der Krieg und Tux mußte einrücken. Vielmehr sein Herr, aber Tux sprang im letzten Augenblick in den Waggon, dessen Fenster voll von sin ­ genden und blumengeschmückten Soldaten war. Tux hatte seinen Herrn sofort erspäht, der zum Unterschied von den anderen Aelplern die schmucke Matrosen ­ bluse trug. Denn Alois Kerschbaumer mußte nach Pola zur Kriegsmarine e.nrücken, als Maschinenunteroffizier. Zuerst hatte der Kommandant des Zerstörers große Augen gemacht, als einer seiner Leute den Hund an Bord brachte. Der Zerstörer besaß jedoch noch keinen Bordhund und die Tret!, die schwarze Katze, schloß sofort mit ihm Freundschaft. Denn Tux war ein Hund, der Katzen gewohnt war. Es ist nicht leicht für einen alpenländischen Schäferhund, sich Seebeine an ­ zuschaffen. Er brauchte immerhin drei Tage, um sich an das schwankende Deck zu gewöhnen. Denn es gab viel Schirokko damals. Als die ersten Schüsse über die See donnerten, verkroch er sich zitternd in einem Raum, in dem es nach Teer, Farbe und Tauwerk roch. Das war etwas anderes als die Kugelbüchse seines Herrn, mit dem er manchmal auf die Jagd gehen durfte. Aber dann wurde Tux ein Seemann. Es störte ihn nicht mehr, wenn die Sturmsee ihren Gischt über Bord spritzte. Er leckte sich das Salzwasser vom Maule und klappte die Ohren wieder auf, wenn der Brecher vorüber war. Und es fiel für ihn genügend ab, daß er immer dicker wurde. Jeder von den 120 Mann des Zerstörers fühlte sich glücklich, wenn Tux ihm die Pfote gab und von ihm etwas gnädigst annahm. Schwimmen hatte Tux schon am Gosausee gelernt, wenn er heimlich — es hätte sonst Prügel gegeben — den Wildenten nachschwamm, bis sie surrend in die Höhe flogen. Einmal hatte es einen Matrosen über Bord geschlagen, Tux fühlte eine unwiderstehliche Macht in sich, ihm nachzuspringen und ihn mit dem Maul am Kragen zu packen. Und das war gut so, denn der Mann war von dem Schlag betäubt, den er van dem zurückspringenden Geschütz im Seegang erhalten hatte. Der Kommandant des Zerstörers spendete ihm eine Riesenwurst. Dann kam der Zerstörer zum ersten Mal ins Gefecht. Mit einem englischen Kreuzer in der Otrantostraße. Tux lag am Achterdeck und knurrte die Wasser ­ fontänen an, die links und rechts von dem Schiffe in die Höhe sprangen. Dann wurde er unter Dcck geschickt. Ungern fügte er sich, was wußte er auch von Splitterwirkung und Luftdruck. Er streckte aber gleich darauf seinen Kopf durch ein Ventilationsrohr heraus, das ihm bei schwerem Seegang als Schutzstä le diente. Tux erkannte, daß die Engländer gar keine freundlichen Leute waren. Besonders wenn sie in der Uebermacht waren, dann hatten sie Mut, die Ver ­ folgung aufzunehmen. 337

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