Jahrbuch des Kreises Steyr 1941

hoch. Dem Handel entzogen sind unsre wildwachsenden Iris oder Schwertlilienarten, von denen im Flachland nur die leuchtend gelbe Teichschwertel manchmal in feuchten Talgründen vorkommt. Die prachtvollen, oiolettblauen Schwerteln des oberen Ennstales dringen leider nicht zu uns vor und die blau, violett, gelb und orange gezeichnete sibirische Iris kommt nur auf einzelnen benachbarten Höhen des Steyr ­ tales vor. Recht sonderbar ist der Volksausdruck „Fledermäuse" für Iris, wahrscheinlich er ­ innerten manchen die sehr großen weitabstehenden, feinrunzeligen Blumenblätter beim Welten an die Flughaut der Handflügler. Der Schutz der Narzissen wird einigen Ein ­ gaben zufolge wahrscheinlich eine abschwächende Aenderung erfahren, denn der Landmann liebt diese an sich herrliche Pflanze durchaus nicht, weil das Vieh sie verschmäht. Trotzdem werden solche Plünderungskarawanen, wie sie unter dem Namen Narzissenzüge vor etwa acht Jahren von Linz ins Steyrtal unternommen wurden, nicht mehr vorkommen. Auf feuchten Gebirgswiesen gedeiht bei uns hauptsächlich die „Dichternarzisse", deren reinweiße Blumenkrone noch mit einer kleinen goldgelben, purpurgeränderten Nebenkrone versehen ist. Der Duft der Narzissen kann heftige Kopfschmerzen verursachen. Hie und da kommen auch die ganz gelben Narzissen bei uns auf Wiesen vor — wahrscheinlich verwildert. Sie werden oft „großes Märzenbecher!" genannt. Die Knabenkräuter (Orchideen) sind seltener geworden, so daß auch sie nicht mehr verkauft werden dürfen. Ihre roten und weißen, über fußhohen Blütenähren sind ein herrlicher Schmuck unsrer Bergwiesen. Die einzelne Blüte ist höchst sonderbar gebaut und hat nur ein Staubgefäß. Von den Knabenkräutern im engeren Sinn (Orchis) wachsen bei uns gemeines buntes, brandblütiges, stattliches, ge ­ flecktes, bleiches, breitblättriges, prächtiges und das Helmknabenkraut. Daran schließen sich die ebenfalls vom Handel ausgeschlossenen Händelwurzen oder Friggagräser (Q^innackenia), von denen im Gebirge alle drei Arten das gemeine, das weiße und das wohlriechende gefunden werden. Sie sind der Orchis sehr ähnlich, aber schlanker und zarter gebaut. Aus der sonnen- und farbenreichen Familie der Hahnenfußgewächse wurden vom Handel ausgeschlossen: die Trollblume (Troliius), das Leberblümchen und der blaue und der gelbe Eisen hur. Die Trollblume erhebt sich auf Bergwiesen bis meterhoch und hält ihre goldgelbe, kugelförmig zusammengelegte Blüte stolz in den mai ­ lichen Sonnenschein. Mit dem bekannten blauen (seltener roten oder weißen) Leberblüm ­ chen teilt der Trollius den Nachteil, sich sehr bald nach dem Welken zu entblättern. Die E i s e n h u t a rl e n, der blaue und der gelbe mit ihren hohen Blütenähren und den prachtvoll zerschlitzten Laubhlättern, sind zwar widerstandsfähiger, enthalten aber das furcht ­ bare Pslanzengist ^conitin; der wissenschaftliche Name des gelben Eisenhutes Aconitum Lzwococetum deutet sogar auf die ehemalige Verwendung zum Töten der Wölfe. Der deutsche Nams Eisenhut bezieht sich auf die helmartige Form des obersten blumenblattartigen Kelch ­ blattes. Auf feuchten Almwiesen und in Auen sind die Eisenhutarten noch nicht selten. Dem zierlichen kleinen Sonnentau (Drosera) mit seinen löffelförnügen, mit roten Drüsenhaaren besetzten Blättern und der unscheinbaren Blüte ist früher aus medizinischen Gründen sehr nachgestellt worden. Er gehört zu unsern wenigen insektenfressenden Pflanzen, deren Drüsen einen nach Fleisch duftenden zersetzenden Saft abscheiden und den Mangel einer starken Wurzel durch „Fleischfressen" ausgleichen. Häufig ist er auf der „schwimmen ­ den Insel" im Almsee und in den Donauauen; in unserm Kreis dürfte er fehlen. Unsre drei Arten von Alpenrosen (Almrausch) dürfen ebenfalls nicht verhandelt werden. Bei der zartrosablühenden Zwergalpenrose würde ein Pflücken wegen der Hinfälligkeit der Blumenblätter ohnedies keine lange Freude bedeuten. Von den beiden anderen kommt für uns nur die rauhblättrige Alpenrose in Frage, die in der lichteren Wald- und Krummholzregion noch ganze Jochflächen bedecken kann, ein Zwerg ­ strauch von ungeheurer Zähigkeit, der spielend dem sechsmonatlichen Schneedruck zu trotzen vermag, gepflückt aber bald die hellroten trichterglockenförmigen Blütenröhren verliert. Die rostblättrige Alpenrose trägt unbehaarte Blätter mit rostroter Unterseite und kommt !m Kalkgebirge nicht vor, sondern nur auf dem Urgestein der Zentral ­ alpen. Beide Arten steigen bis zu Priel-Höhe (2800 Meter) auf. Die vier streng geschützten Gentianen- oder Enzianarten wurden schon be ­ sprochen; die übrigen bei uns vorkommenden, der winzige Frühlingsenzian („Kuckucksnagerl"), der blaßblauoiolette, herbstliche Deutsche Enzian, der seltenere Kreuzenzian und der herrliche tiefblaue Schalbenwurzenzian der Almen 822

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