Jahrbuch des Kreises Steyr 1941

geben ist. Ihr Name Saubrot bezieht sich auf die für Menschen giftige, halb faustdicke, braune Erdknolle, die den Schweinen vortrefflich behage. Auf lichten Berghängen wächst gern eine arge Giftpflanze mit hellgelben, weit offenen Blütenröhren: der gelbe Fingerhut, dessen Giftsaft eine wirksame Medizin darstellt. Unser wilder gelber Fingerhut mag aber ruhig weiterwachsen und die Giftlieferung leinen viel größeren und wirksameren Gartenoerwandten überlassen. Bon der ebenfalls medizinisch vielverwendeten Familie der Enziane ist vor allem der große blaue sogenannte stengellose Enzian streng geschützt. Es ist die größte aller unsrer tiefblauen Blüten und kommt in zwei wenig verschiedenen Unterarten auf unseren Almböden im Frühjahr oft noch massenhaft vor. Glücklicherweife verschmäht ihn das Vieh des Bitterstoffs halber, sonst wäre diese herrliche Pflanze vielleicht schon ausgerottet. Der zierliche, am Blütenblatkrand fein gewimperte Wimper- oder gefranste Enzian ist auf Wiesen und Triften spärlich verbreitet. Der große, gelbe Enzian ist durch die Wurzelseppen und Kräuterweiblein, viel mehr aber durch heimliche Schnapsbrenner fast gänzlich in unserem Kreis ausgerottet. Der tiefblaue, medizinisch einst vielgebrauchte Lungenenzian mit seinem fußhohen, schmalblättrigen Stamm kommt bei uns ziemlich selten vor. Eine der edelsten Alpenpflanzen, das Edelweiß, ist in unserem Kreis verschwunden; es sind aber Bemühungen im Gange, diese für den besten und größten Bergverein der Erde sinnbildlich gewordenen Pflanze in unsren Kalkgebirgen an unzugänglichen Abgründen wieder anzusamen. — Standortsfremde Pflanzen anzusäen ist dagegen ungesetzlich. Für den Anbau in Steingärten der Niederungen eignet sich das Edelweiß nicht gut, es beginnt bald zu vergrünen, und das, was der Laie für eine einzelne Blüte gehalten hat, legt sich auseinander, die mittleren winzigen, oft golkug angehauchten Blütenkörbchen trennen sich, die einst dichtpelzigsilberweißen Hochblätter werden dünn, grünlich und spreizen sich ab, die Pflanze entartet — wie ein Gamsjager, der auf einmal in der Poebene Reis ­ felder bestellen soll. Und doch ist das Edelweiß kein ganz ursprünglicher Alpenbewohner; es ist in der Eiszeit aus innerasiatischen Hochsteppen zugewandert, wo es heute noch vorkommt. Wir wenden uns den teilweise geschützten Pflanzen .zu und betonen gleich, daß diese (ebenso wie die später unter L zu besprechenden, nur voni Handel ausgeschlossenen) Wildpflanzen ohne weiters in bescheidenem Maß ge ­ pflückt werden dürfen. Geschützt sind von den „B-Pflanzen" nur die unterirdischen flrgane (Wurzelstock, beziehungsweise Zwiebel) und von einigen auch die Blattrosetten. Wer gesehen hat, wie in den Donau-, Enns- und Traunauen die Schneeglöckchen kisten- und fuhrenweise mit ihrer Zwiebel ausgegraben und verschickt worden sind — oft reichlich unzweckmäßig verpackt, so daß die wenigsten heil wieder in die Erde kamen — der wundert sich nicht, daß von beiden Arten von Schneeglöckchen die Entnahme der Zwiebel verboten ist. In Steyrs Umgebung wächst nur das sogenannte „große Schneeglöckchen", das „Märzenbecher!", wild. Der Mundartname kennzeichnet so gut die Becherform der gewölbten sechs Blütenblätter, die an der Spitze eine grünliche Verdickung tragen, daher der Schulmeistername „Fr L h l i n g s k n o t e n b l ume". Das kleine oder sogenannte ..echte" Schneeglöckchen kommt in den feuchten Niederungen des anschließenden Niederdonau vor und zeichnet sich durch drei kleine grüngerandete und drei große, schmale, schneeweiße, äußere Blütenblätter aus. Daß sich seder gern diese lieben Frühlingsboten n die Blumenvase stellt, ist begreiflich — unbegreiflich aber ist es, daß diese zarten Blüten schöner sein sollen, wenn sie in riesigen, dicht zusammengeschnürten Bündeln in die Vase gepreßt werden. Nur im lockeren Strauß offenbart sich erst die wunderbare Anmut der nickenden Blüten. Die dritte Pflanze mit geschützter Zwiebel ist die zierliche, bloß spannhohe Trauben ­ hyazinthe, die in unserem Kreis nur höchstens verwildert auftritt. Die blauen, kugeligen Blüten stehen in schlanker, spitzer Traube und duften nach Muskatnuß. Der zweite Name Bisamhyazinthe ist weniger zutreffend. Eigentümlich ist, daß der Volksmund sich des lateinischen Namens muscari bemächtigt hat, und ihn unverändert für das Pflänz ­ chen gebraucht. Von der Vierten teilweise geschützten Zwiebelpflanze, dem Blali ­ st e r n ch e n ( — Meerzwiebel) gilt dasselbe, was über das Vorkommen der „Muskari" gesagt wurde. Das Aussehen entspricht einer kaum fingerhohen, winzigen, blauen Lilie. 819

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