286 ich einmal die Eichen werd' schützen müssen.“ Und dann saß er oft stundenlang auf der alten Holzbank, die sich an den Stamm lehnte, und seine Augen gingen übers totenstille Land. Ja, es war Grabesruh, die auf der Erde lag. Und wie er eines Morgens aufgestanden war und in den Stall gehen wollte und nun doch ein wenig Angst hatte, daß bald das letzte Brot und das letzte Gselchte zusammgegessen wär’, spürte er schon am Weg, quer über den Hof, daß die Luft nach Brand roch. Er stellte den Melkkübel weg und ging vors Haus. Da zitterten ihm doch die Knie ein wenig, denn um den Kirchturm von Theresienhütten, den man grad hinter einer Bodenwelle hervorlugen sah, war die Luft schwefelgelb und feuerrot, und darüber spannte sich ein schwarzer Baldachin aus Rauch. Das Dorf brannte. Und war doch schon seit Monden leer. Also hat's wer an¬ zunden! Da ging der Bauer ins Haus zurück und zerrte am Heuboden eine alte Truhe vor. Aus der kramte er seine Wehr, das alte, ein wenig rostige Schwert und eine Streitaxt, deren Stiel schon roglig worden war. Dann zog er das Lederwams über und setzte die Eisenhaube auf, daß er weniger einem Bauern als einem streit¬ baren Landsknecht glich. Drunten, in der Stube, schnitt er sich einen Keil, den er in den Axtstiel klemmte, daß sie nimmer wackeln konnte. Dann erst ging er, wie er war, in Wehr und Waffen und nahm sich sein Alle=Tage=Frühstück. Die Waffen tat er auch nicht herunter, wie es schon Mittag worden und noch immer kein Schwed' und kein Franzos’ zu sehen war. Als er unter der höchsten Sonne vors Hoftor trat, sah er sie kommen. War vielleicht ein Dutzend, die über die verlotterten Wiesen und Aecker herantrabten. Bald sah er schon die Farbe ihrer Federbuschen und hörte den Schlag der Pferdehufe. Und wie er war, in Lederwams und Eisenhaube, die Streitaxt an den Eichenstramm gelehnt und die Faust am Schwertknauf, aber ohne ein bißl Zittern, empfing der Eichhofer die fremden Gäst'. Die staunten, als sie den Mann sahen, und vermeinten in ihm eher einen Kameraden denn einen Bauern. Waren auch gar nicht grimmig und baten fast höflich um Trunk und Zehrung. Der Eichhofer gab ihnen sein letztes Stück Gselchtes und den letzten Laib Brot. Und alles wäre gut gegangen, hätt' nicht der Jüngsten einer nach Wein geschrien. Als ihnen der Bauer sagte, er hätt' keinen mehr, stiegen ein paar in den Keller und rollten die Fässer in den Hof. Und ein Saufen hub an, daß dem Bauer in die Seele hinein grauste. Dauerte auch nicht lange, kam einer auf ihn zu und hob ihm den ledernen Becher entgegen, darein er vorher seine Würfel verwahrt hatte, und als ihm der Bauer nicht Bescheid tat, wurde er zornig. Stellte sich ein wenig schwankend in den Hofes Mitten. Er hatte schon den Zungenschlag. „Brüder, der elende Geizkragen hat einem ehrlichen Landsknecht das Bescheid¬ tun verweigert... Wollen wir das hinnehmen? Nein! Die Hütten soll brennen!“ Siedheiß fuhr es dem Bauern ins Herz. „Sie zünden mir den Hof an.“ Aber er bedachte, daß die anderen ein Dutzend waren, und sah still zu, wie ein paar den Heuboden hinaufstiegen. Als sie wieder heruntertaumelten, schlug oben schon die rotgelbe Lohe aus dem Dache. Der Eichhofer preßte die schweren Fäuste auf die Brust und blieb stumm. Die Trunkenen rollten johlend ihr Faß vors Hoftor unter die Eiche, weil es ihnen drinnen zu heiß geworden war. Die brennenden Dach¬ sparren flogen durch die Luft, daß es aussah, als stiegen Blitze aus dem brennenden Gebälk. Und einige Funken fingen sich im verdorrten Geäst der alten Eiche. Da flammte der Baum rot auf. Einer stand auf, der noch gar nicht trunken schien, und niemand hörte den Qualschrei des Bauern. Der Landsknecht griff die Axt, die noch am Stamm lehnte, und begann damit in die Eiche zu schlagen. Sah lächer¬ lich aus, der kleine Mensch unter dem mächtigen Baum, der schon eine Krone aus Feuer und Qualm trug.
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