Jahrbuch des Kreises Steyr 1940

279 Saatgang im Mondlicht Erzählung von Franz Braumann. Als die Bäuerin Anna Möslin die Ochsen von der Egge ausspannte, ging auf dem Feldweg Michel Moor vorüber. Michel Moor war seit Jahren schon Knecht beim Nachbarn der Möslin. „Früh bist du auch nicht mehr daran mit dem Feier¬ abend!“ sagte er zu ihr. Anna Möslin konnte sich kaum Zeit nehmen, aufzuschauen und der Anrede zu antworten. „Das wäre immer noch früh, hätt' ich jetzt Feierabend zu machen! Daheim muß noch gekocht werden zum Abendessen für Magd und Kinder. Aber ich wollte das Feld noch zu Ende eggen; morgen muß das Korn in den Acker kommen. Wer weiß, wie lange das Wetter noch aushält.“ „Das Korn muß in den Acker kommen“, nickte Michel Moor. Und dann, als entsänne er sich noch einer Frage: „Aber warum tust du die Arbeit im Acker? Warum nicht dein Knecht?“ Es war nun schon so weit, daß die Bäuerin ihr Ochsengespann auf den Feld¬ herausführte. Da hielt sie für einen Augenblick noch an: „Der Knecht ist heute weg vom Gut. Mir ist es selber recht gewesen, und ich hab’ ihm sagen lassen, ich weg ihn lieber heute als morgen aus meinem Haus fortgehen. — Hüh, Ochsen! sehe Michel Moor sah der Bäuerin nach. Ein Ton in ihrer Stimme hatte ihn gehalten, nicht mehr weiter nachzufragen. Im Heimgehen erinnerte er sich auch einer Rede, die umging in den Hausern. Der Knecht der Anna Möslin sollte gesagt haben, als er schon etwas zuviel getrunken hatte, ein Bauer könne ex nun jeden werden, wenn er nur wolle. Die Möslin sei lange genug Witwe gewesen... Tag Michel Moor hatte es damals einen Ruck gegeben. In sein Herz war etwas Böses gefahren. Aber es war wohl nur darum gewesen, weil er nicht verstand, die Bäuerin an dem verlotterten Knecht hatte Gefallen finden können. wie Nun konnte er sich auch die Worte der Bäuerin deuten. Ihr Knecht hatte ge¬ prahlt, und dann ihr nun manches zu Ohren gekommen war, konnte sie nicht anders, daß sie den Schwätzer fortschicken mußte. als Als Michel Moor im Hause saß und die Abendsuppe hineinlöffelte, war er schweigsamer als sonst. Er blieb nicht daheim und tat noch einen weiten Gang über Felder. die Die Dämmerung war herabgesunken, und eine tiefere Kühle breitete sich über Wiesental. In die Bäume des hohen Waldes an der Lehne fiel ein Nachtvogel das mit grätschendem Laut, und im fahlen Dunkel ertranken langsam die Nähe ein die Weite. undAnna Möslin, zwei Jahre sind es bald, seit du allein dem kleinen Gute vor¬ Damals war ich dabei, als wir deinen Bauer auf den Friedhof trugen. stehst. hast dich fest durchgehalten, dein Peter, der Aeltere von deinen zwei Buben, Du chon heuer fünf Jahre. Aber bis der Bauer wird, ist es noch weit! wird Michel Moor blieb stehen am Acker der Bäuerin Anna Möslin. Die Egge die Furchen zerrissen, und nun lag die Krume mürbe und weich. Unabsehbar hatte dehnte sich der schwarze Acker, seine Ränder verloren sich in der fahlen Nacht. weit Wärme des Bodens stieg wie Rauch und Dunst im kühlen Abendwind empor. Die Michel Moor war mit seinem Sinnen noch nicht zu Ende. Bis der Bauer wird, ist es noch weit! Und jetzt im frühen Herbst schickst du deinen Knecht vom Gute? Deine Magd ist noch jung und ohne Erfahrung. So wirst du säen müssen! Weißt du auch, wie groß dein Acker ist? Und dein Arm, wird der nicht erlahmen, ehe du im steten Schwingen hinüber kommst bis zum Rain?

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