278 brecher und haben ihre Sendung schon verloren, ehe sie ihnen Erkenntnis ward; denn erst von dem Tage an, da du die Jungennicht mehr verstehst, bist du alt geworden. Uebertriebene Ehrfurcht vor dem eigenen Alter ist geistiger Tod.“ „Ihr winselt um die gute alte Zeit, In der nur ihr noch brav gewesenseid; Und habt vergessen, wie einst eure Alten Nicht minder arg auf eure Jugend schalten.“ „Noch nähret uns die Nabelschnur der Erden Und lange dauert es, uns loszubinden .... Und müssen doch die Räume überwinden Wie mag es noch mit unserm Wachsen werden!“ Es gibt keinen Stand und keine Menschenart, die in dieser Herberge nicht zu Tisch gesessen wäre. Und wer irgend im Leben in dieser Schenke einkehrte — es geschahjedem, daß er einmal fortging, ohne die Zeche zu bezahlen. War es bei wenigen Vergeßlichkeit, so war es bei andern einmal Not, aber bei einem nicht geringen Teil der Zecher blieb es Schäbigkeit. Jeder hinterließ dort die Schuld auf seine eigene Art. Und die Kreide des Wirtes bewahrt alles der Nachwelt auf. Aber es geschah nicht selten, daß auch der Wirt seinen Gästen alles schuldig blieb und die Wanderer draußen unter den Stürmen des Himmels umgekommen sind.Nicht jeder Einlaßheischende erfuhr die gleiche Gastlichkeit und manch be¬ scheidenerbetenes Nachtlager blieb hart und kalt, indes große Komödianten mit kleinen Zechen die schönsten Räume erhielten.... Aber anderen Müden brannte die Lampe wieder traulich und es neigte sich mancher Abend, an dem das Leben seine wunderlichsten Brüder zur Begegnung chickte, daraus sich später große Schicksale erfüllten. Es fanden sich Leute ein, die sich nicht als Gäste fühlten, sondern die Schenke alsihre Heimat betrachteten. Da vertrödelten sie ihr Leben und sahen die Welt nur durch Dunst und Rauch. Es schreiten stille Gäste über die Schwelle und genießen die Stunden ihrer Rast wie etwas Köstliches. Andere verlärmen die Nächte und sehen doch keinen Augenblick nach den Sternenstunden und der aufziehenden Morgenherrlichkeit. Viele haben in einem lichtlosen Winkel ihre Habe verspielt und verwürfelt und lungern morgen auf Straßen, die ins Land der Bettler münden. — Fernsüchtige und von Heimweh Getriebene begegnen sich hier. Junge und Greise breiten voreinander ihre Ränzel aus und rühmen sich ihrer Wegfunde. An einem Tage treffen sich Kämpfer und Dulder und gehen ohne Gewinn aus¬ einander. — Zuzeiten kommen Obdachlose, von denen der Herbergsvater noch nach Jahren redet und damals ihre Einkehrstunden in einem kostbaren Buche eingetragen hat. Ihr Dasein hat ein Leuchten hinterlassen und auf alle, die in dieser Zeit um sie waren, übertrug sich ein Teil von der Kraft dieser Lichtträger. Aber es gingen auch Geschöpfe aus und ein, die niemandem dienen konnten. Ihren Fortgang mißte man weniger als den Wind, der doch ein gesungenes Lied noch um hundert Schritte weitertrug.... Eine Schar Namenloser kam und ging; darunter waren die einen mit den Göttern und die andern mit den Tieren verwandt. Aber sie waren nicht zur rechten Stunde eingekehrt, sonst hätten die andern sie erkannt. Nur der Wirt wußte um ihr Wesen, aber er schwieg, da er nicht jedes Gastes Weg offenbaren darf. Aber das Schild mit den Tanzenden um den Krug lockt fort und fort neue Gäste die einen zum Fest, die andern zur Rast. an: Die einen dürstet nach Wein, die andern nach Wasser — aber alle dürstet nach Leben und Glück.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2