274 Hans Gasteiger, der Erbauer des Neu¬ tores und des Schiffweges Von Prof. G. Goldbacher. Das Eisenwesen am steirischen Erzberge gelangte im 16. Jahrhunderte zu einer bis dahin nie geahnten Blüte, so daß die Verpflegung der Knappschaft die Anlage brauchbarer Wege erforderte, da ja nahezu alle Lebensmittel zugeführt werden mußten und die erhöhte Holzkohlenerzeugung die Heranziehung entfernter gelegener Wälder notwendig machte. So erfolgte schon unter Kaiser Maximilian I. die Er¬ bauung der ersten großen Holzrechen zu Leoben (1501) und zu Hieflau im Jahre 1502. In diesem Jahre war auch der Bau des Holzrechens in Großreifling geplant worden und verschiedene bedeutende Wasserbaumeister bemühten sich hier, die großen technischen Hindernisse zu überwinden, aber erst in den Jahren 1567 bis 1570 wurde das Projekt des schon damals berühmten Wasserbaumeisters Hans Gasteiger in Großreifling ausgeführt. Ueber die persönlichen Verhältnisse dieses berühmten Wasserbautechnikers ist nicht viel bekannt. Er war Tiroler von Geburt und führte seinen Namen zweifel¬ los nach einem der vielen „Gasteig“ benannten Oertlichkeiten, deren es in den Ost¬ alpen mehrere gibt (z. B. Gasthaus „Zum Gasteig“ bei Großraming). Gasteiger kam als Uhrmacher nach München, übersiedelte im Jahre 1554 nach Wien und verlegte 1565 infolge der großen, im Innerberger Gebiete übernommenen Arbeiten seinen Wohnsitz nach Großreifling. Er war eine energische Natur, ein erfinderischer, tüchtiger Kopf mit einer ziemlich rauhen Außenseite, die ihn wiederholt in Konflikt mit Standesgenossen und Behörden brachte; trotzdem wurden aber seine hervor¬ ragenden Fähigkeiten geschätzt und durch Erhebung in den Adelstand im Jahre 1561 sowie durch Verleihung einer goldenen Gnadenkette entsprechend gewürdigt. Hans Gasteiger war zweimal verehelicht; von den aus beiden Ehen stammenden 8 fünf Söhnen und vier Töchtern überlebte seinen Vater ein einziger Sohn ein halbes „ 22 Jahr. Mit diesem 23jährigen Sohn erlosch der männliche Stamm des berühmten Wasserbaumeisters, der im Jahre 1577 starb und ein hübsches Barockgrabmal in der Kirche von Landl bei Hieflau erhielt. Wenige Jahre nach dem Tode Hans Gasteigers finden wir in Vordernberg bei Leoben wieder mehrere Gasteiger, die später als „Gasteiger von Lorberau“ erscheinen (Lorberau ist ein Schloß bei Leoben), deren genealogischer Zusammenhang mit ihrem berühmten Urahn, trotzdem sie dessen Wappen führten, nicht sichergestellt ist. Diese Linie erlosch am Beginne des 19. Jahrhunderts. Und nun zu den Leistungen unseres Hans Gasteiger. Bei allen seinen Bauten ist zu bedenken, daß sie mit Rücksicht auf die im 16. Jahrhundert noch sehr beschränkten technischen Mittel ausgeführt werden mußten. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts war Gasteiger nach Wien berufen worden, um die Stadt durch Anlage eines Leit¬ werkes mit Donauwasser zu versehen. Dieser Plan kam jedoch nicht zur Ausführung und Gasteiger übernahm hierauf die Räumung des Donaubettes von den vielen Schiffahrtshindernissen in der Strecke von Krems bis Wien. Nach der Vollendung des Holzrechens in Großreifling (1570) nahm er sofort die Schiffbar¬ machung der Enns auf der schwierigen Strecke von Hieflau bis Großreifling in Angriff. Sein bedeutendstes Werk war aber die Anlage des Schiff=oder Treppel¬ weges von Steyr bis Großreifling in einer Länge von nahezu 80 Kilo¬
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