266 Blick der zunächst von den benachbarten Kalkkämmen gefesselt wird, das Niedriger¬ und Sanfterwerden der Vorberge im Flysch verfolgen, bis zu dem wunderbaren Ausklingen der Höhenzüge im bunten, reichen Flachland. Eine besonders schöne Uebersicht über unsere sämt¬ lichen heimischen Geländeformen finden wir von der Hohen Linde bei Grünburg aus. c) Kalkalpen. Südlich der Flyschzone türmen sich — gegen — Süden bedeutend an Höhe zunehmend die „Kalkalpen“ auf. Sie sind zum größtenteil das Absatzprodukt jenes ungeheuren „vor¬ sintflutlichen Mittelmeeres“, das im Mesozoikum (Erdmittelalter) den Süden Europas, den Bereich des heutigen Mittelmeeres und auch noch einen großen Teil des anschließenden asiatischen Festlandes bedeckte. Die Hauptmasse des abgesetzten Gesteines besteht aus mehr oder weniger verunreinigtem, selten ganz reinem Kalkstein (kohlensaurer Kalk), doch ist dieser vielfach „dolomitisiert", d. h. zur Hälfte durch Magnesiumkarbonat (kohlensaures Magnesium) ersetzt und wird dann als härterer Schotterstein manchen Kalkenvorgezogen. Er ist aber zum Kalkbrennen nicht verwendbar. Die Alpenkalke und Dolomite entstammen— so unglaublich dies in Anbetracht der riesigen Bergmassen erscheinen mag — den Absonderungen und Gehäusen von unzähligen Lebewesen: Kalkalgen, Urtieren, Schwämmen, Seeigeln, Seelilien, Schnecken, Muscheln und Tintenfischen. Ungeheure Zeiten müssen vergangen sein, um z. B. aus Muschelschalen das gegen 3000 Meter hohe Dachsteinmassiv aufzubauen. Dazu kömmen noch riesige Mengen von Kalkschlammassen und Korallenriffe. Die Erdgeschichte des „mesozoischen Riesenmittelmeeres“ setzt auch schon vor einigen hundert Jahrmillionen ein, zur Zeit, als die Säugetiere erst in ihren primitiosten Formen sich zu entwickeln begannen, und die Saurier, jene drachenartigen Riesenechsen die Herren der Erde waren. Das Erdmittelalter beginnt mit einem vielfachen Wechsel von Verlandungs¬ und Tiefseezeiten, der Triasperiode, geht dann in die verhältnismäßig ruhige Jura¬ zeit über und endet mit der bereits erwähnten, durch Gebirgsbildung und Meereseinbrüche ausgezeichneten Kreideperiode. (Diese Zeit führt ihren Namen nach der in ihr abge¬ setzten Schreibkreide auf Rügen und England, die aber bei uns vollständig fehlt.) Was die Gesteine des Erdmittelalters anlangt, darf man im allgemeinen sagen, daß in Zeiten mächtiger, tieferer Meere hauptsächlich gewaltige Kalk= und Dolomitmassen abgesetzt wurden, wie dies der Fall war in den beiden kalbreichen Teilperioden der Triaszeit: die dunkeln, Reiflinger= und Gutensteinerkalke, und die weißen Wetterstein¬ kalkmauern der älteren Trias; der versteinerungsarme Hauptdolomit und der oft sehr fossilreiche Dachsteinkalk aus der jüngeren Trias. Im Jura sind die meist hellen, klippenbildenden Vilser= und Hornsteinkalke Absatz der Tiefsee. Mergel und Sand¬ steine hingegen deuten auf Küstennähe oder auf Zeiten allgemeinen Meeresrückzuges. Aus einer solchen Periode in der ältesten kalkarmen Triaszeit (im Altreich als Bundsandstein¬ periode bezeichnet) stammen auch die Salzlager unseres Salzkammergutes. Ver¬ wandteSalztone mit kleinen Gipslagern bilden dort das sogenannte „Haselgebirge“ und findensich auch in unserem Bereich, z. B. dem Becken von Windischgarsten, im Stoder= und im Almtal. Wo Kohlen vorkommen (bei Reichraming, Großraming, Neustift, Weyer, Altenmarkt, Molln), handelt es sich um pflanzliche Entgasungsprodukte aus Ver¬ sumpfungs= und Verlandungszeiten. Nach Kammlinien geordnet, stellen die Steyr benachbarten Kalkberge ein System von größtenteils westöstlich gerichteten Ketten dar, die aber im Meridian von Großraming stark nach Süden abgelenkt erscheinen. Diese Störung läßt sich bis tief in die Zentralalpen¬ ketten hinein verfolgen. Als Ursache nahm man vor Jahrzehnten eine nordsüdlich verlaufende „Untergrundfelsenrippe“ aus Granit an, der dem des Mühlviertels ziemlich ähnlich ist. Dieser Granit tritt 5 Kilometer nördlich von Großraming in Form des sogenannten „Buchdenk¬ mals“ zu Tage und ragt dort aus den „Kräuterschiefern“ des Pechgrabens etwa in der Ausdehnung eines kleinen Hauses auf. Es hat nicht an den verschiedensten Vorstellungen über die Herkunft dieses höchst auffälligenGranitvorkommens innerhalb einer ihm sonst gänzlich fremden Gesteinsumgebung gefehlt Einstmals dachte man sogar an eine meteorische Herkunft, dann an vulkanischen Auswurf später wurde das „Buchdenkmal“ für einen „Findlingsblock“ aus der Eiszeit — gehaltenund als sich dies als unmöglich erwies — neigte man mit dem Chefgeologen Geyer um die Jahrhundertwende mehr der Ansicht zu, daß der Granit des Mühlviertels nicht nur das Vorland, sondern auch das Kalkalpengebiet
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