Jahrbuch des Kreises Steyr 1940

208 Am nächsten Tage wurde Marxrieser vom Gendarmen wegen der Schlittenpartie und Hakenkreuzfeuers in Lausa einvernommen. des Am 9. Jänner wurde die bürgerliche Eisbahn bei Wittwers Gasthaus mit Haken¬ kreuzzen und Sprüchen bemalen. Am nächsten Tage wurde bei Marxrieser wieder eine gründliche Hausdurchsuchung ohne Erfolg durchgeführt. Trotzdem wurde Marxrieser verhaftet und dem Bezirksgerichte Weyer eingeliefert. Dort wurde er wegen der Briefe einvernommen, von welchen die Gen¬ darmen festgestellt hatten, daß sie mit einer Maschine geschrieben worden waren. Der Gerichtssachverständige Dr. Rogler aber stellte fest, daß sie nicht mit Marxriesers Ma¬ schine geschrieben wurden. Er setzte sich mit der Bezirkshauptmannschaft Steyr in Ver¬ bindung und erreichte Marxriesers sofortige Enthaftung. Marxrieser konnte daher am gleichen Tage wieder nach Hause fahren. Dem Inspektor Poscher war dies sehr peinlich, weil er mit demselben Zug wie Marxrieser zurück kam. Am 12. Jänner wurde Marxrieser wieder verhaftet und nach Wöllersdorf eingelie¬ fert. Um 11 Uhr mittags kamen die Gendarmen zu Marxrieser und wollten ihn sogleich — mitnehmen. Sie sagten nichts davon, daß es nach Wöllersdorf gehe aber Marx¬ rieser dachte sich dies schon. Er sagte den Gendarmen, er müsse seiner Frau noch die 1 geschäftlichen Sachen übergeben, damit sie bei den Holzaxbeiten Bescheid wisse. Die Gen¬ darmen wollten dies nicht zugeben. Darum sprang Marxrieser zum Telephon und ver¬ langte den Bezirkshauptmann Straznicky von Steyr zu sprechen. Dieser bewilligte ihm zur Erledigung seiner geschäftlichen Angelegenheiten eine Frist bis zum letzten Abendzug. Der Postenkommandant überzeugte sich beim Telephon von dieser Bewilligung, aber er wollte Marxrieser bis zur Abfahrt überwachen. Frau Marxrieser verständigte fernmündlich alle erreichbaren Parteigenossen von ihres Mannes Verhaftung und Abreise. Und sie kamen alle zum Bahnhof. Die Gendarmen wollten die Leute nicht mitlassen, aber Marxrieser sagte: „Kommt nur alle mit! Heute schaffe ich in Losenstein an und sonst niemand.“ Die Leute gehorchten dem Marxrieser, welcher sie aufforderte, auf dem Weg zum Bahnhof etwas radikaler zu werden. Am Bahnhof war schon alles überfüllt. Der Postenkommandant wollte mit seinem Gewehr den Eingang absperren, aber es wurde ihm das Gewehr abgefangen und schlie߬ lich wurde er mit dem Gewehr vom Bahnhof hinausgeschoben. Bevor der Zug kam, wurde das Horst=Wessel=Lied gesungen. Neben dem Bahnhof wurde ein großes Haken¬ kreuz abgebrannt und Pöller abgeschossen. Marxrieser grüßte die Menge vom Waggonfenster aus mit einem kräftigen „Heil Hitler! Nach der Abfahrt des Zuges zog die Menge singend in Marxriesers Gasthaus ab. Marxriesers Gefangenschaft dauerte bis 16. März. Inzwischen spielte sich im Fe¬ bruar die Revolution der Sozialdemokraten ab, die einen neuen, aber sehr beklagens¬ werten Zeitabschnitt in der Geschichte unserer Heimat einleitete. 1 — — d Ganz mit allem mein. In Herz und Augen brennt ein Licht, Das Herz, es kennt kein Totes mehr. das ehedem nicht darin brannte. Ich bin nun ganz mit allem dein. Mein Freuen und mein Weinen bricht Ist es zu Glück, wird es zu Leide? aus Tiefen, die ich niemals in mir kannte. Ich frage nicht. Es muß so sein!.... Jedwedem Dinge um mich her Ich stehe wie vor abgetanem Kleide schau ich durch seiner Formen Hülle meinem dir geschenkten Ich. vor und fühl' es nun in ew'ger Wiederkehr Ich stehe nackt mit allem dein. durchpulst auch von des Lebens Fülle. Hüll in dein Du mich ein! Hermann Landsiedl.

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