Jahrbuch des Kreises Steyr 1940

207 daßdie Feier verboten werde. Sie erreichten aber nur, daß die Bezirkshauptmannschaft den Auftrag gab, die Feier strenge zu über wachen. Mehr als hundert Mann hatten der Einladung Folge geleistet. Um 7 Uhr abends kamen zwei Gendarmen ins Gasthaus und stellten sich zwischen Gast= und Extrazimmer auf. Heimwehr wurde bei der Kontrolle nicht geduldet. Es wurden Lieder gesungen und ein Theaterstück aufgeführt. In einem Zimmer füllte eine Streichmusik, im anderen eine Blechmusik die Pausen aus. Es kann nicht wundern, daß die Anwesenheit der Gendarmen die Gäste in Erregung versetzte. Um 2 Uhr früh kam es zu Reibereien mit den Gendarmen, als diese das Schlie¬ ßen der Türe zwischen Gast= und Extrazimmer nicht zugeben wollten. Nach einem hef¬ tigen Wortwechsel erklärten die Gendarmen den Pg. Alois Mitteregger im Namen des Gesetzes für verhaftet und wollten ihn abführen. Aber die Gäste widersetzten sich der Verhaftung so einmütig, daß die Gendarmerie von ihr Abstand nahm. Es sei eine Schweinerei, daß man die Nazi, die für das Wohl des Vaterlandes eintreten, so über¬ wache; sie sollten lieber die Kommunisten fangen! usw. schrien sie auf die Gendar¬ menein. Die Gendarmen stellten sich nun in eine Ecke des Zimmers und die Unterhaltung ging in gespannter Stimmung weiter. Es wurde getanzt und gesungen, ganz nach Belieben der Gäste. Der Postenkommandant forderte zwar Marxrieser auf, das Lokal zu schließen, allein dieser weigerte sich und der Betrieb ging weiter. Gleich zu Beginn der Feier hatte der Gendarm Johann Poscher dem Marxrieser vorausgesagt, daß er jetzt die Naziumtriebe radikal abstellen und dafür sorgen werde, daß Marxrieser für jedes Ereignis empfindlich gestraft werde, dann werde sicher Ruhe inLosenstein werden. Die Gendarmen blieben bis 5 Uhr früh im Gasthause. Als Mitteregger um 4 Uhr früh des 1. Jänner 1934 nach Hause ging, begegnete ihmauf der Brücke ein klerikaler Angeber und wünschte ihm frozzelhaft ein gutes neues Jahr. Mitteregger gab ihm als Antwort eine kräftige Ohrfeige. Am nächsten Tagwurde er deswegen bei der Gendarmerie angezeigt. Der SA.=Mann Mangeng aus Ternberg wurde beim Verlassen des Gasthauses von demNazifresser Inspektor Poscher einer Leibesvisitation unterzogen, die jedoch keinen Erfolg zeitigte. Die Gastwirte Blasl und Daucher hatten auch Silvesterfeiern veranstaltet, die jedoch nur schwach besucht waren. Am 1. Jänner 1934 sagte der Daucher, er werde sich jetzt jemanden bezahlen, der aufpaßt, welche Leute bei Marxrieser verkehren, und wenn es ihm täglich 2 S koste. In kurzer Zeit werden dann alle Gäste Marxriesers bei ihm herunten sein. Uebrigens werde Marxriesers Gasthaus ohnehin bald zugesperrt werden. Auch der Bahnvorstand Mitteregger müsse so bald als möglich aus Losenstein verschwinden. Zu anderen Personen äußerte er sich, daß er vom Marxrieser nicht verstehen könne, daßer sich mit solchen Buben abgebe, die sich von ihren Eltern erhalten lassen. Er nannte dabei einige Parteigenossen. Am 7. Jänner besuchten die Parteimitglieder von Losenstein jene von Lausa. Der Besuch wurde als harmlose Schlittenpartie veranstaltet. Mit sieben Pferdeschlitten fuhren 90 Personen. Riesenhubers Gasthof war der Treffpunkt. Fröhlich wurde gezecht und gesungen. Abends brannten die Parteigenossen von Lausa den Losensteinern zu Ehren ein großes Hakenkreuzfeuer oberhalb des Gasthofes ab. Auf der Rückfahrt ins „Braune Haus“ von Losenstein brach der überladene Schlitten des Salcher zusammen und die In¬ sassen mußten das letzte Stück des Weges zu Fuß gehen. Da kam Jakob Faller in Marxriesers Gasthaus und äußerte sich abfällig über die anwesenden Nazi. Er bekam vom Wirt eine schallende Ohrfeige und wurde ins Freie befördert. Um Mitternacht ver¬ ließen die letzten Gäste in fröhlicher Stimmung das gastliche Haus.

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