Jahrbuch des Kreises Steyr 1940

203 Inspektor Poscher kam ins Haus der Frau Stadler und verlangte von ihr, daß sie die an ihr Haus gemalten Hakenkreuze entferne. Frau Stadler weigerte sich und ihr kleines Kind fing zu weinen an. „Warum weint das Kind?“ fragte Stadler. „Weil's Ihnen fürchtet", sagte Frau Stadler. „Na, aber Sie fürchten mich doch nicht?“ fragte Poscher. „Na“, sagte sie zu ihm, „ärger werd'n's doch nicht sein wie die Teufel.“ Am 2. September 1933 wurden viele Flugzettel gestreut und geklebt. Als Täter wurden die Pg. Fritz und Alois Stockenreiter ausgeforscht. Sie gaben an, die Zettel vonManigatterer bekommen zu haben. Am nächsten Tage wurden bei Marxrieser, Mannigatterer, Alois und Fritz Stok¬ kenreiter Hausdurchsuchungen vorgenommen. Flugzettel wurden nicht gefunden, aber dem Alois Stockenreiter wurde die SA.=Uniform abgenommen. Am 6. September wurde SA.=Mann Johann Hatschenberger verhaftet und ins Bezirksgericht Weyer eingeliefert. Am 4. September wurde Pg. Josef Mannigatterer verhaftet und zu drei Wochen Arrest verurteilt, weil er den Stockenreitnern Flugzettel gegeben hatte. Die Brüder Stockenreiter erhielten für das Flugzettelstreuen 14 Tage Arrest. Da anläßlich des Katholikentages die bekannten Naziführer verhaftet werden soll¬ ten,hielt sich Marxrieser am 6. und 7. in Brunnbach auf. Am 11. kehrten die 15 Hitler=Urlaubskinder nach Steyr und Letten zurück. Wegen Verteilens von Mitteilungsblättern wurde Pg. Franz Enzenebner am 14. zu 14 Tagen Arrest verurteilt. Die Anzeigerin war wohl bekannt. Am 16. wurde auf der Grillwiese ein großes Hakenkreuz abgebrannt. Ein Heim¬ wehrmann verständigte die Gendarmerie hievon, der es gelang, den SA.=Mann Leo¬ pold Schweiger der Tat zu überweisen. Seine Schuhe paßten in die Spuren am Tat¬ ort und die Oelkanne fand man in seinem Rucksack. Schweiger erhielt vier Wochen Arrest. 28 Mann waren am 24. beim SA.=Appell im Durchgang beim Klausberger an¬ getreten. Am Abend brannten gleichzeitig auf sieben gut sichtbaren Berghöhen Haken¬ kreuze mit 30 bis 50 Meter Durchmesser. Ganz Losenstein war auf den Beinen. —aber erwischt haben sie niemand! Gendarmerie und Heimwehr wurden alarmiert Selbst den Gegnern gefielen diese Feuer. „Ja, schön san's schon, aba sein soll's nit“, klagte die klerikale Frau Blasl. Als die ersten Feuer in der Richtung Stiedelsbach aufflammten, liefen Gendar¬ merie und Heimwehr in dieser Richtung. Da leuchteten plötzlich auf den Höhen hinter ihnen neue Feuer, so daß sie nicht wußten, wo sie zuerst hinlaufen sollten. Sie haben auch keinen der Hakenkreuzbrenner erwischt und verhafteten Walter Lotzky wegen Ver¬ dachtes. Er wurde in den Gemeindearrest gesperrt und am 25. nach Steyr eingeliefert. Lotzky hatte wirklich nicht gewußt, daß Hakenkreuzfeuer abgebrannt werden; aber er war beim SA.=Appell im Durchgang dabei und wurde am Heimweg gesehen. Die Heimwehrler Matuschka, Weimar und Riedl haben den Lotzky zu sich geladen und versprachen ihm alle möglichen Vorteile beim Militär (denn Lotzky sollte in kurzer Zeit einrücken), wenn er verrate, wer der Anführer der Nazi in Losenstein sei. Aber Lotzky hielt dicht und wurde daher für den 9. Oktober zur Vernehmung bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr bestimmt. Lotzky aber entschloß sich, am 7. Oktober über Tschechien nach Deutschland zu flüchten. Zu seinen Eltern sagte er, daß er zu einer Musikprobe gehe. Er ging aber zum Ortsgruppenleiter Marxrieser, der ihm die Mit¬ gliedskarte am Hemdstock festnähte und 60 S Reisegeld gab. Der Abendzug brachte Lotzky an die Grenze. Lotzkys Vater war über die Flucht seines Sohnes nicht erbaut und schimpfte Marxrieser heftig zusammen. Am 15. Oktober schrieb Lotzky aus München, daß es ihm gut gehe. Heute ist der junge Mann Architekt.

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