Jahrbuch des Kreises Steyr 1940

202 Bei einer VF.=Sitzung am 6. August ließ der Obmann Riedl über einen Antrag aufVersetzung des Bahnvorstandes Mitteregger und des Beamten Georg Dorninger abstimmen. Der Antrag wurde abgelehnt. In der Nacht des 30. Juli wurden wieder an vielen Stellen Hakenkreuze ge¬ malt,welche die Gemeinde am nächsten Tag entfernen ließ. Einige Tage später wurden Klebezettel mit der Aufschrift: „Trotz Verbot — nicht tot“ angebracht, aber durch die Gemeinde wieder abgerissen. Am 11. August mußte Marxrieser wegen des Tragens eines Hakenkreuz=Selbst¬ binders und des Gesangvereines (weil immmer nur Nazi dort zusammenkamen), zur Bezirkshauptmannschaft nach Steyr. Marxrieser sagte, er habe ohnehin schon die Gen¬ darmen ersucht, zu veranlassen, daß keine Nazi mehr zu ihm kommen. Er habe sonst keine Ruhe vor der Polizei. Für beide Delikte sollte Marxrieser 20 S Strafe zahlen. Am 9. August übernahm die Ortsgruppe Losenstein 14 Knaben und ein Mädchen im Alter von 7 bis 14 Jahren zum Land aufenthalt. Alle diese Kinder haben sich gut erholt. Die Gegner aber hatten keine Ahnung, daß es sich hier um Hitler=Frei¬ plätze handelte! Am gleichen Tage nahm Inspektor Poscher beim SA.=Mann Josef Hagenauer eine Haus= und Leibesvisitation vor. Trotz Abwesenheit des SA.=Mannes sprengte er dessen Kleiderkasten auf und fand darinnen Flugblätter, Klebemarken und ein Notizbuch, in welchem geschrieben stand: „Niedernhart (Narrenheilanstalt), die Tore auf, — der Doll¬ fuß kommt im Dauerlauf!“ Am 12. August 1933 wurden die Heuschober des klerikalen Wirtes Blasl in Hakenkreuzform gestellt. Die Gegner zerstörten am nächsten Tag das schöne Hakenkreuz wieder. Marxrieser wurde am 19. eingeladen, bei der Gemeinde zu erscheinen, um wegen seines ungestümen Benehmens anläßlich einer Kontrolle während einer Gesangprobe einvernommen zu werden. Am 23. August erhielten Marxrieser und Mitteregger Strafmandate (33 S oder dreiTage Arvest) zugestellt, weil sie bei einer Probe mit dem Inspektor Poscher in beleidigendem Tone gesprochen hatten. Karl Fleischhacker hatte am 29. Mai ein Hakenkreuz auf die Großauer=Mauer gemalt und am 19. Juli während des Badens in der Enns aus Steinen ein Haken¬ kreuz zusammengelegt. Dafür wurde er am 23. August mit fünf Tagen Arrest und fünf Schilling bestraft. Berufung war bei der Strafe unzulässig. Am 22. August wurden die Parteigenossen Bruno Kittinger und Johann Feichtl wegen politischer Unzuverlässigkeit von der Wehrmacht entlassen. Feichtl ist am näch¬ sten Tag ins Altreich geflüchtet. Zu Ostern 1933 wurde von der Kanzel ein Hirtenbrief über eine angebliche Chri¬ stus chändung in Linz verlesen, welcher die Nationalsozialisten als Täter bezeichnete. Am 26. August wurde an der Enns brücke eine Hakenkreuzfahne gehißt. Tags¬ darauf entfernte sie die Gendarmerie. In der Nacht wurden Zettel gestreut und geklebt mit folgenden Inschriften: „Jetzt erst recht nationalsozialistisch.“ — „Dollfuß, Vaugoin und Jey mit euch ist's bald vorbei.“ „Nieder mit der Regierung des Volksverrates. „Wir Deutschen stehen zum Reich“, usw. Die Gegner hatten viel Mühe, diese Zettel wieder einzusammeln. Am 29. August wurde Marxrieser angezeigt, nationalsozialistische Flugzettel wei¬ tergegeben zu haben. Er wurde vom Gendarmerieinspektor Cihak einvernommen, leug¬ nete aber und verlangte, dem Anzeiger gegenübergestellt zu werden. Der Gendarm aber durfte den Anzeiger nicht nennen und bemerkte, die Anzeige an die Bezirkshauptmann¬ schaft weiterleiten zu müssen.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2