Jahrbuch des Kreises Steyr 1940

201 Unter schwierigen Verhältnissen hatte Karl Fleischhacker ein großes Hakenkreuz die Großauer=Mauer gemalt. Nach einiger Zeit wurde es durch die Gendarmerie auf Kalk überstrichen. mit An allen Ecken und Enden Losensteins waren bald darauf wieder Hakenkreuze gemalt worden. Am 4. Juli wurde Marxrieser zur Gendarmerie gerufen, da der Sicher¬ heitsdirektor angeordnet hatte, daß alle Hakenkreuze sofort zu entfernen sind. Im Wei¬ gerungsfalle müßten sie von amtswegen entfernt werden und Marxrieser für jedes Haken¬ kreuz 4.70 Schilling erlegen. Marxrieser weigerte sich. Im übrigen ließ der Bürger¬ meister Damhofer einen Teil der Kreuze überstreichen. Der SA.=Mann Johann Fürweger erhielt wegen Flugzettelverteilens 10 S Geld¬ strafe und 48 Stunden Arrest. Die kleine Ortsgruppe hielt zusammen wie die Kletten. Am 12. Juli unternahmen 40 Kameraden einen Ausflug in die Lausa und landeten in Riesenbergers Gasthaus, wo sie nach Herzensfreude deutsche Lieder und auch das Horst=Wessel=Lied sangen. Am 15. Juli wurde das Anhören der Reichssendungen in öffentlichen Lokalen bei 2000 S Geldstrafe, sechs Monate Arrest und Beschlagnahme des Apparates verboten. Trotzdem hörten die Parteigenossen wichtige Sendungen in Marxriesers und Sturmbergers Gasthaus. Die Ueberwachung durch Gendarmerie und Heimwehr war ohne Erfolg. Zur Tarnung ihrer Zusammenkünfte gründeten die „Illegalen“ in Losenstein am 16. Juli einen Gesangverein. Marxrieser, der gar nicht singen konnte, wurde Obmann. Zum Stellvertreter wurde Alois Mitteregger, zum Schrift= und Kassenwart Emil Vitz und zum Sangwart Adolf Sturmberger gewählt. Die Proben fanden jeden Mon¬ tag in Marxriesers Gasthof statt. Es dauerte aber nicht lange, da wurde vom Holzhändler Jakob Faltinsky das verdächtige Treiben der Gendarmerie angezeigt, welche nun nach den „Proben“ die Heimkehrenden kontrollierte. Am 20. Juli wurde in der Nacht von Karl und Leopold Fleischhacker auf dem Pfennigstein eine große Hakenkreuzfahne gehißt. Sie konnte erst am 23. durch einen eigens aus Steyr geholten Bergsteiger entfernt werden, weil es in Losenstein niemand wagte, den Pfennigstein zu besteigen. Diese Fahnenhissung bei Nacht war eine anerkannt hervorragende Leistung voll Mut und Opferfreudigkeit. Da die Täter nicht ermittelt werden konnten, wurden einfach vollkommen Unbeteiligte, nämlich Pg. Marxrieser mit 220 S und Josef Schimpelsberger mit 100 S, bestraft. Verboten war nicht nur die Partei, sondern auch das Zeigen von Sympathie für die nationalsozialistische Bewegung. So wurde dem Marxrieser, als er einen Haken¬ kreuz=Selbstbinder trug, dies ihm am nächsten Tag von der Gendarmerie untersagt. Marxrieser schenkte den Binder einem klerikalen Bauern, der ihn (ohne beanständet zu werden) weitertrug. Daß die Gesangabende bei Marxrieser nicht nur der freundlichen Muse dienten, war in Losenstein kein Geheimnis und die Anzeigen vaterländischer Gschaftelhuber bei der Gendarmerie mehrten sich. Am 3. August kam ein Gendarmerieinspektor aus Steyr zu Marxrieser, um ihn wegen der Proben des staatsfeindlichen Gesangvereines, bei welchen immer nur Nazi zusammenkommen, zu verhören. Marxrieser verleugnete alle Parteisitzungen und sagte, er könne ja nichts dafür, wenn immer nur Nazi in sein Gasthaus kämen. In Wirklichkeit hatte Marxrieser alle Gäste, welche gegnerisch eingestellt waren, der¬ art behandelt, daß sie sein Gasthaus gerne ferner mieden. Spitzl konnte er in seinen Räumen nicht brauchen. Fast täglich kontrollierte Inspektor Johann Poscher Marxriesers Gasthaus. Am 7. August ließ er sich den Bahnvorstand Mitteregger von der Gesangprobe herausrufen und fragte ihn, welche Leute bei der Probe beisammen wären. Mitteregger lud ihn ein, sich im Probenzimmer selbst darüber zu unterrichten. Es kam zu einem Wortwechsel zwischen Mitteregger und Poscher und letzterer mahnte Mitteregger, nicht so frech zu sein, denn es koste ihm nur ein paar Zei len und der Bahnvorstand sei erledigt.

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