Jahrbuch des Kreises Steyr 1940

200 wurde ihm ein Eichenkranz überreicht. Die ausgerückte Gendarmerie verbot der Menge das Singen von nationalsozialistischen Kampfliedern. Marxrieser durfte seinen Freunden nicht einmal für den herzlichen Empfang danken. Trotz Verbot der Gendarmerie und Heimwehr (H. W.) wurde Marxrieser unter Vorantritt der Musik in sein Gasthaus begleitet. Mit den Gendarmen wollten auch vier Heimwehrler unter Führung des Orts¬ lehrers den Zug begleiten. Sie wurden aber von der empörten Menge verjagt, wobei der SA.=Mann Leopold Schweiger einen Heimwehrmann über eine Stiege rutschen ließ. Die anderen nahmen schleunigst reißaus. Vor dem Parteiheim (Marxriesers Gasthaus) war in Eile ein Triumphbogen errichtet worden. Im Parteiheim bedankte sich Marx¬ rieser für den Empfang. Ungehemmt kam die Freude über seine Rückkehr bei allen zum Ausbruch. Am 19. Juni erfolgte das Verbot der Partei. Trotz aller „Aufklärung“ in Zei¬ tungen, Schulen und von den Kirchenkanzeln war es der Regierung nicht möglich ge¬ wesen, die Mehrheit der Oesterreicher von der christlichen (katholischen) Sendung des Staates zu überzeugen und die Nazi als Verräter ihres Heimatlandes auszurotten. So mußte der Schritt zur ungehemmten Einsetzung aller ihrer Machtmittel unternommen werden Wer sich zur Bewegung Hitlers jetzt noch bekannte, mußte gewärtig sein, daß man ihm jede Möglichkeit, seinen Lebens unterhalt zu verdienen, rücksichtslos nahm. Durch erhöhten Terror der Heimwehr und sonstiger Systemschergen wurde jede Lebensäußerung der Partei unterdrückt. Viele wurden schwach und verließen die Partei. Die Besten aber arbeiteten trotz allem in der Organisation weiter. Ihr felsenfester Glaube an den endlichen Sieg der Bewegung ließ sie nicht wanken. Die Mitgliedsbeiträge wurden weiter eingehoben und das zugesandte Propagandamaterial geheim verteilt. Am 22. Juni kam SA.=Führer Klaus aus dem Arrest. Er wurde von einer Ab¬ ordnung empfangen. Vor dem Hause Klaus', aber versammelten sich gegen hundert Par¬ tei= und Volksgenossen mit Musik, welche Klaus herzlichst begrüßten und ihm einen Eichenkranz überreichten. Anschließend ging's zum Parteiheim, wo bis Mitternacht ge¬ feiert wurde. Da und dort fand man bei Hausdurchsuchungen Mitgliederlisten. 625 Wehe dem Staats=, Land= oder Gemeindebeamten, dessen Name darin verzeichnet war. Er wurde fristlos ohne Pension entlassen oder bestenfalls in Untersuchung gezogen und seines Amtes enthoben. Die Ortsgruppe Losenstein bestand weiter und machte den Behörden viel zu schaffen. 50 Parteigenossen wanderten in die Arreste, zwei nach Wöllersdorf. Oft war es zum Verzweifeln. Bekannte Nazi wurden von der Gendarmerie und von Heimwehrlern im Orte herumgetrieben und verprügelt. Pg. Fritz Stockenreiter erhielt 24 Stunden Arrest und 10 S Geldstrafe, weil er in dem Schaukasten der Parteifolgenden aufreizenden Spruch zeigte: Auf die Peitsche steht der Hammer. Immer Rache, niemals Jammer! Auf den Schimpf die deutsche Jaust, Bis allerorts „Heil Hitler“ braust. Am 24. Juni hielt die VF. eine Sonnwendfeier. Die Nazi aber brannten gleich¬ zeitig ein großes Hakenkreuzfeuer ab, damit die Losensteiner sehen sollten, daß die Partei trotz Verbot nicht tot sei. Der SA.=Mann Leopold Schweiger wurde von einem gewissen Dirnberger dabei gesehen und verraten. Er bekam fünf Tage Arrest. Bald darauf, am 29. Juni, wurde auf der Steinbauernwiese ein 20 Meter großes Hakenkreuzfeuer abgebrannt. Am 1. Juli mußten über Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Steyr die Schau¬ kasten der Partei und der Hitler=Jugend verschwinden.

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