Jahrbuch des Kreises Steyr 1940

197 Aus meinem Tagebuche Von Karl Marrrieser, Losenstein. An der Eisenstraße, auf welcher seit alten Zeiten das Eisen von den Hüttenwerken des steirischen Erzberges zu den Hammerwerken des Ennstales geführt wurde, liegt dasBergdorf Losenstein. Die bewaldeten Hänge des Schiefersteins fallen steil gegen das enge Bett der Enns. Es mag=Lunseren Ahnen nicht leicht gewesen sein, die schmale Straße in diese Hänge einzugraben. Am gegenüberliegenden linken Ufer erhebt sich die über 1000 Meter hohe Dirn. An ihren Füßen vorüber windet sich jetzt die Reichsbahn durch das Ennstal. Der Ort liegt unterhalb der Burgruine Losenstein. In seiner Mitte steht die alte Pfarrkirche. An den flacheren Hängen des Talkessels grünen die Wiesen und Weiden. Nur ein Fünftel des Gemeindegebietes ist Ackergrund, fast ein Drittel ist Wald¬ grund. An den Berghängen stehen die Bauernhöfe. Mit dem Walten der Natur eng verbunden, waren die Bauers stets kirchentreue Leute. Bei der Nationalratswahl im Jahre 1927 zählte man in Losenstein 618 Stimmen für die Einheitsliste der Christ¬ lichsozialen und nationalen Wähler. Für die sozialdemokratische Liste wurden 311 Stim¬ men abgegeben. 44 Landbündler und zwei Kommunisten stimmten für ihre Partei. Bei der Gemeindewahl im Jahre 1929 brachten die Christlichsozialen allein 548 Stimmen auf, die Sozialdemokraten nur 274. Die nationale Wirtschaftspartei konnte mit 183 Stimmen ihre drei Mandate behaupten. Doch mit der Wirtschaftspartei war niemand zufrieden und so zerfiel sie bei der nächsten Wahl wieder in die Gruppen, die sie gebildet hatten. Von den Radikalen wurde die Lehre Adolf Hitlers vom nationalen Sozialismus begeistert aufgenommen. Das Ergebnis der Nationalratswahl vom 9. November 1930 zeigte die Zerrissenheit der nationalen Wähler grell auf. Es wurden abgegeben: Für die Hitler=Bewegung 21, den Schoberblock 73, den Landbund 15, den Heimatblock 95, die Volkspartei 10, die Sozialdemokraten 285, die Christlichsozialen 413 Stimmen. Den Schoberblock bildeten die verkalkten bürgerlichen Nationalen. Sein Absterben konnte man beinahe ausrechnen. Der Heimatblock war hauptsächlich von unzufriedenen Christsichsozialen gegründet worden. Schon im nächsten Halbjahr zeigte sich, daß er eine Totgeburt war. Der Nationalsozialismus faßte wie überall in Oesterreich auch in dem stillen Tal immer festeren Fuß. Bei den Landtagswahlen am 19. April 1931 zählte man in Losenstein schon 32 nationalsozialistische Stimmen. Schoberblock und Heimatblock waren verschwunden. Dafür hatten die Landbündler und Christlichsozialen stark zugenommen. hatte der österreichische Unter dem Eindruck der Wahlerfolge der NSDAP. Nationalrat am 12. Mai 1932 beschlossen, sich aufzulösen, um durch Neuwahlen eine dem wahren Kräfteverhältnis der Parteien entsprechende Volksvertretung zu erhalten. Doch die Festsetzung einer Neuwahl unterblieb, da die Regierung Dollfuß die steigende Macht der Nationalsozialisten fürchtete. In Losenstein wurde nun eine Ortsgruppe der NSDAP. gebildet, deren Leiter der Bahnvorstand Alois Mitteregger wurde. Ihr gehörten auch Ing. Georg Danninger, Alois Schinagl, Josef Mannigatterer, Franz Straschek und Adolf Klaus an. Am 5. März 1933 zählte die Ortsgruppe 18, am 20. Mai (als der Gastwirt Karl Marxrieser zum Ortsgruppenleiter gewählt wurde) 80 und am 19. Juni (als die Partei verboten wurde) 87 Mitglieder. Die junge Ortsgruppe nahm sogleich die Werbetätigkeit durch Versammlungen auf. Am 4. März sprach Dr. Schopper aus Steyr über die Ziele des Nationalsozialismus.

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