Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1939

307 Schnelle leichte Schritte kommen hinter der Klippe auf ihn zu. „Ich bin ge¬ laufen, so schnell ich konnte, Järvinnen! Ich weiß nicht, mich hat seit einer Stunde das Gefühl gequält, daß Haiiko etwas zugestoßen sei. Wie dumm, da du doch bei bist!“ ihm Dabei beugt sich Christina weit über den Rand der Klippe zu Haiiko hinunter und begrüßt ihn. Sie sieht nicht, wie eine jähe Röte in Järvinnens Gesicht schießt. Keuchend vor Anstrengung holt er das Tau mit Haiiko ein. Endlich grüßen die schlanken braunen Finger Haiikos über den Grat. Mit einem Jubelschrei steht en neben Christina und schickt einen zweiten hinunter ins Tal. Järvinnen kann nicht mehr stehen, die Beine versagen ihm den Dienst. Er will auch nichts mehr essen. Nur fort von hier, heim! Behutsam nehmen Christina und Haiiko die erbeuteten Eier und steigen ins Tal hinunter, zum Dorf. Des Mädchens Geplauder vermag Järvinnen nicht auf¬ zuheitern. Er sinnt vor sich hin. Seine große Hand liegt in der Windung des Taues genau dort, wo ein scharfer Schnitt die groben Fasern trennt. Haiiko hat den Arm um Christinas Schultern gelegt. So gehen sie den Häusern zu. Das Boot bleibt unten liegen, weil sie am Morgen ganz früh zu den Netzen hinaus wollen. Vor Järvinnens Hof verabschieden sie sich. „Bis morgen also, Järvi.“ — „„Bis morgen.“ Ueber der See bis zum Kap Vardö liegt ein grauer Dunst. Am nächsten Morgen wartet Haiiko vergeblich auf Järvinnen. Der soll allein noch die Netze nachgesehen haben. Haiiko läuft mit Christina an den Strand und sucht überall, um den Kameraden zu finden. Aber keiner hat Järvinnen gesehen. Der Varangerfjord liegt still. Es ist kein Sturm gewesen. Nichts Doch Järvinnen bleibt verschwunden. Hanko trauert um den Freund. Unfa߬ bar, daß Järvinnen auch das schöne Tau mitgenommen hat. Unfaßbar! . Die Liebe spielt mit Heitere Skizze von Christian Andresen. Kraft= und stimmungsvoll, angefüllt mit Wünschen und Sehnsüchten, erscholl der Ankergesang der Matrosen des Vollschiffs „Gudrun“ im Hafen von Singapore. Das Schiff lag am Kai, der Anker zum Abhieven war im Grund, die Kette lose. Malaien mit ihren Zampans umschwärmten das Schiff, um noch ein letztes Ge¬ schäft in Muscheln, Korallen und getrockneten Seepferdchen zu machen. Europäer standen am Kai und genossen den eigenartigen Gesang. „Festhieven, Schlepptrosse an Bord nehmen!“ kam das Kommando vom Achterdeck. „Schlepper belegt!“ meldete der Steuermann, als die schwere Leine eingeholt undfestgemacht war. „Kette einhieven, wenn sie steif kommt, die Landleine fieren!“ scholl es zurück. Matrose Köster fierte sinnig die Landleine. Plötzlich tat sie einen Luftsprung, slippte vom Poller ab, und Köster flog durch das offene Geländer in großem Bogen ins Wasser. Steuermann Schröder ließ festhieven, zwei Rettungsringe hinterher werfen und schimpfte in sieben Kultursprachen auf den Ungeschickten. Wie der Blitz schossen die flinken Zampans auf die Unfallstelle zu. Die Malaien schrien alle durcheinander und schienen ratlos zu sein. Der Steuermann tobte und versprach dem Sünder Hungerrationen und alle irdische Pestilenz an den Hals, wenn er ihn wieder an Bord hätte. Jetzt erspähte er zwei Europäerinnen am Kai. Sie schienen sich über die allgemeine Aufregung zu belustigen. Drohend hob der Steuermann die Faust gegen die Schönen und schrie: „Ihr habt schuld, wenn der Köster heute mit ungewaschenen Teerfäusten bei Petrus ankommt, eure Puppen¬ gesichter hat er angeglotzt, statt sich um seine Leine zu kümmern. Nun haben wir den Salat!“

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