Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1939

227 Ennstales. Die Abgrenzung der Niederterrasse gegen die jüngeren Geländestufen läßt sich oft nur schwer oder gar nicht durchführen, darum wurde auch auf der beigefügten geologischen Karte die Niederterrasse nicht von den jüngeren Stufen getrennt. Diese entstammen zum großen Teil der Nacheiszeit, jener Periode, in der das eiszeitliche Klima sich dem heutigen anzugleichen begann. Besonders schön lassen sich solche nacheiszeitliche Zwischen¬ stufen im Mundungsgebiet größerer Bäche unterscheiden, z. B. am niederösterreichischen Ufer nächst der Eisenbahnbrücke über den Romingbach und bei Sand nächst der Dambach¬ mündung. Die jüngsten Ablagerungen (Alluvionen) bestehen aus Sand= und Schotter unserer Flüsse und aus Kalksinterbildungen in den zahlreichen Höhlungen der steilen Konglomerat¬ felsen in Form von weißlichen oder gelblichen Krusten und Tropfsteinansätzen. Manchmal “ bildet sich auch Kalktuffstein (hierzulande „Tuft genannt) aus überkrustetem Moos, wie er an den Schichtköpfen des unter Nagelfluhfelsen zutage tretenden Schliers häufig vorkommt. (Unterhimmel, Griemühle, Ramingdorf, Schafweidmühle, Staning.) Blick vom Wachtberg gegen Westen A. = Alluvionen bei der Rennbahn, H. T.— Hochterrasse Tabor=Lauberleiten, J. D. = Junger Deckenschotter ober der Griemühle, A. D. = Alter Deckens schotter bei Gründberg und Sierning, 8. = Schlier vom „Kaiser in der Saaß“, = Flysch (Wiener Sandstein) am Ramingbach. F. b) Erdgeschichte des Stadtbodens im Besonderen Die innere Stadt liegt auf dem dreieckigen, von Schottern und Konglomerat der jüngsten Schotterfluren gebildeten Zwickel zwischen den beiden Flüssen. Stark drängt die Steyr von Westen, fast in einem rechten Winkel gegen die mächtigere Enns, und wo die beiden, meist recht verschiedenfarbigen Wässer sich mischen, entsteht durch die Anstauung eine schmale Schotterbank, die nach Hochwasser manchmal ein gutes Modell einer vom Fluß beiderseits angenagten Terrasse darstellt. Ueber dem Zusammenfluß erhebt sich ein steiler Konglomeratfels mit dem Schloß des ehemaligen Fürsten Lamberg. Am Abfall der sogenannten Schloßleiten ist der Hang zum Teil felsig und mit großen Ulmen, Eschen und Ahornen natürlich bestockt. Der Schloßberg führt über die östliche Niederterrassenkante mit der ältesten Gasse der Stadt, der Berggasse, die mit der Altstadt durch wunderliche Stiegen und Gäßchen verbunden und durch hübsche Terrassengärtchen davon getrennt ist. So blieb für die älteste Stadt¬ siedlung nur der schmale Raum zwischen Niederterrasse und Ennsfluß und daher fügt sich die langgestreckte Häusermasse der Altstadt der Feldgrundlage natürlich und mit ungewöhn¬ licher Geschlossenheit ein. Meisterhaft haben es die alten Baumeister verstanden, ihre Bau¬ werke noch bedeutender erscheinen zu lassen, indem sie diese an Kanten und Leisten ge¬ festigter, natürlicher Terrassen stellten (Schloß Lamberg, Pfarr= und Michaelerkirche, Bürger¬ spital und Oberschule (ehem. Staatsrealgymnasium) auf der Niederterrasse, Friedhof und Taborturm auf der Hochterrasse).

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