225 um zunächst vom Bekanntesten auszugehen — etwa vom Bahnhof her dem rechten Ennsufer zu. Wir befinden uns in der Dukartstraße auf der sogenannten „Niederen Ennsleiten“. Hier trifft unser Blick auf die gegenüberliegende tiefe, wunderbar geschlossene Front dicht gedräng¬ ter Giebelhäuser, die auf jener niedrigen, wenige Meter über dem Ennsfluß liegenden jüngsten Schotterflur der innersten Stadt im Zeitraum von einem Jahrtausend er¬ richtet worden sind. Noch vor etwa einem Jahrhundert lagen Schotter und Konglomeratblöcke vor dieser langen Häuserreihe, jetzt umsäumen zwei starke gemauerte Kaiwege die Enns, und nur während größerer Hochwässer branden die dann gelbbraunen, Strauchwerk und icher auf uralten, Langholz führenden Fluten bis an die Häuser heran. Aber diese stehen Groppenstein sorgfältig errichteten Steinmauern aus eben dem Konglomerat (— Nagelfluh), zu dem die eiszeitliche Enns einst den Schotter aus den Alpen herab¬ gewälzt hat. An ihren Ufern besonders hat dann eine oft erstaunlich starke Verkittung (natür¬ liche Zementierung) der losen Schotterstücke stattgefunden, so stark oft, daß eher der einge¬ kittete Kalkstein vor dem Hammer des Steinmetzen zerspringt, als die Kittmasse selbst. Auf solchem Grund stehen die Mauern der innersten Stadt, in ihm liegen die tiefen Keller ihrer Patrizierhäuser, durch ihn hindurch sind die Brunnen gebohrt bis zum Schlier, einer bald mehr tonigen, bald mehr sandigen Meeresablagerung, die teppichartig unter den losen und verfestigten Flußschottern und =sanden hinziehen, und die auch anläßlich der Grundsteinlegung der eisernen Brücken der Stadt festgestellt worden sind. der Auf der flachwelligen Ende Oberfläche dieser Schlierablagerungen haben sich vom Tertiär=Periode bisheute jene terrassenartigen, gestuften Schotterfluren abgelagert, die für Steyr so charakteristisch ind. Die Baumeister waren die Flüsse, der Rohstoff der Alpen¬ schutt, und jedes Hochwasser zeigt uns im Kleinen, was die Flüsse der Eiszeit im Großen geleistet haben; daß sie aber so große Schottermassen aus den Alpen herausbefördern konnten, das verdanken sie der langen Eis= oder Glazialperiode, in der mindestens dreimal die Gletscher weit über ihr jetziges Maß hinaus sich erstreckten und hiebei ungeheure Schuttmassen erzeugten, die dann von den Schmelzwässern verfrachtet wurden. Man hat die Eiszeit allerdings etwas einseitig — das Diluvium = die Ueberschwemmungszeit genannt, und auf seine Auswirkungen geht so manche der bei vielen Völkern verbreiteten Sintflutsagen zurück. — Der Beginn der großen Vereisungszeit wird als mindestens einige Jahrhundert¬ tausende zurückliegend berechnet. Manche Forscher nehmen sogar über eine Million Jahre an. Jedenfalls müssen wir uns das oberösterreichische Alpenvorland, an dessen Ostgrenze Steyr liegt, vor der Eiszeit als flachwelliges Hügelland vorstellen, dessen Boden durch jenen blau¬ oder graugrünen Mergel, den Schlier, gebildet wurde, einem Rest des letzten Meeresbodens, der Oberösterreich bedeckt hat. Wir haben ihn bereits im Liegenden (geologischer Ausdruck für die zu unterst liegende Schicht) der Terrassenschotter Steyrs angetroffen. Das Meer selbst war ausgetrocknet. Die Temperatur ursprünglich subtropisch, sank aus noch nicht sicher feststehen¬ den Ursachen drei bis vier Grad unter unser heutiges Durchschnittsmaß und ungeheure Niederschlagsmengen ließen die Alpenflüsse anschwellen. Ihre braunen Fluten trugen Schlamm und Sand reißend mit sich fort, am Boden ihres Bettes aber wälzten sie Schotter und Stein¬ blöcke ins Flachland des Schlier hinaus. Erst dort, wo die Schleppkraft der Flüsse durch Ver¬ ringerung des Gefälles abnahm, blieben zuerst die Steinblöcke, dann die Schotter und endlich auch Sand und Schlamm liegen. „Deckenartig“ haben sich die ersten Ueberschwemmungs¬ produkte über das Vorland ausgebreitet, und „Deckenschotter“ haben die Geologen auch die ältesten Flußablagerungen über dem Schlier genannt. Die „älteren Deckenschotter reichen nicht bis Steyr selbst, sondern liegen fast hundert Meter höher als das heutige — links Flußbett (rechts der Enns etwa in dem Dreieck: Haidershofen, Ernsthofen, St. Peter der Enns: Heuberg bei Dietach, St. Florian und Wimsbach. Auf diesen Höhen treffen wir die Schottermassen als stark verwitterten Groppenstein (Nagelfluh), d. h. die einzelnen Roll¬ stücke sind durch natürlichen Zement zu einem Konglomerat verkittet. Darüber liegt eine oft mehrere Meter dicke Lehm= bezw. Löß=Schicht, die den Boden sehr fruchtbar macht. Be¬ rühmt ist der „Florianer Boden“. — Die jüngeren „Deckenschotter“ treten — meist ebenfalls zu Nagelfluh verfestigt nur an einer Stelle an die Stadt heran; es ist der Dachsberg, der sich im Norden über Steyr¬ soweit man sie über¬ dorf in steilem Felsen erhebt. Die jüngeren „Deckenschotter“ haupt genauer von den älteren unterscheiden kann — liegen tiefer als diese; noch tiefer aber liegen die beiden folgenden Geländestufen, die Hochterrasse und die Nieder¬ terrasse und zu tiefst endlich die Flußablagerungen der Nacheiszeit bis zu den jüngsten Schotterbänken unserer Tage. Dies führt schon auf die Erklärung der anfangs Sand= und befremdlichen Erscheinung hin, daß die geologisch jüngsten Schichten innerhalb des Quar¬ Diluvium und Alluvium — Eis= und Jetztzeit) tiefer liegen als die älteren. (— tärs — wenigstens für unsere Die grundlegenden Untersuchungen Albrecht Pencks haben eine viermalige Vergletscherung nachgewiesen, denen die vier Schotterablagerungen: Gegend junger Deckenschotter, Hoch= und Niederterrasse entsprechen. alter und 15
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