Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1938

359 Gans“ in der Enge, die „goldene Birne“ am Grünmarkt und die ganz neu hergestellten Schilder „Zu den 3 Hacken“ und dem „Ofen“ bei Sommerhuber. Schließlich erhebt sich die Frage: Wie sollen neue, der Gegenwart angepaßte Schilder aussehen? In dieser Hinsicht erscheint mir in Innsbruck die beste Lösung in den ganz modern gehaltenen Geschäftsschildern aller Art in den sogenannten „Lauben gefunden worden zu sein, welche kein künstlerisch geschultes Auge be¬ leidigen und sowohl bei Tage wie bei Nacht als Leuchtschild in passender, mäßiger Größe gehalten, ihren Zweck ausgezeichnet erfüllen. Freilich waren hier Künstler mit heimatlicher Einfühlung am Werke. Eine eigene kleine Schrift über die „Inns¬ brucker Laubenbeleuchtung“ zeigt die hier durchgeführten Grundsätze. Mögen die Besitzer der vielen schönen Steyrer Wirtsschilder diese Zeugen eines künstlerischen Gewerbefleißes hegen und pflegen und durch geschulte Handwerker von Zeit zu Zeit ausbessern lassen; diejenigen aber, die neue Schilder anzubringen gedenken, mögen diese schöne Aufgabe nur einem Künstler übertragen, der das Wesen unserer Heimatstadt ganz in sich aufgenommen hat. anen Sen en en schönere Leben. Das Von Alfred Gottfried Schmidt. „Es ist heute furchtbar schwer, dieser Welt etwas Schönes abzugewinnen, meint Herr Straßmaier anläßlich eines Spazierganges zu seinem langjährigen Freunde Rieger. „Wo du hinschaust, nichts als Not, Elend, Katastrophen und indem er sich eine Zigarette anzündet — „Reichtum! Rieger, der ihm zur Seite geht, hebt plötzlich seinen Kopf. „Ja! Not, Elend, Katastrophen und Reichtum wiederholt Straßmaier über¬ zeugend. Die Zigarette brennt inzwischen und im gemütlichen Tone fährt er fort: „Wo du hinschaust, das gleiche Uebel! Da —Ueberfluß, prunkende Eleganz, Luxus, der zum Himmel schreit, dort — Elend, Not, Unglück! Aber ich meine halt immer, das kann zu nichts Gutem führen!“ Da sein Freund weiterhin schweigt, sieht er, wohl mehr oder weniger betrübt, von dieser Kampffrage ab und schweigend wandern die beiden den Berg hinan. Steiniger wird der Weg, die Sonne meint es den beiden immer besser und oft muß der behäbige Straßmaier zurückbleiben, um sich für ein paar Minuten zu er¬ holen. Vor ihren Blicken liegt nun das ganze Tal in seiner Lieblichkeit. Rauschend durchzieht es der muntere Mühlbach, vom Berge kommend, um weit draußen im blauen Nichts in den Fluß zu sinken. Rechter Hand lehnt sich der stolze, dichte Nadel¬ wald an den Hang, feierliche Stille liegt in seinem Schoß. Zwischen den alten be¬ moosten Stämmen liegt grüner Teppich, schier aufgerollt für den müßigen Wandler. Pilze, rotgesprenkelt, leuchten da und dort wie rote Augen durch das Dunkel. Myriaden von silbergeflügelten Insekten surren, schwirren und tanzen in den hellen Strahlen, die die Sonne zwischen die alten Stämme wirft. Oben im lichten Wipfel¬ meere, zwischen dem blauen Azurzelte und der blühenden, duftenden Erde klingen hunderttausende Lieder, vereinigen sich zum starken Chore, ihren Herrn preisend. Scheu drückt sich das Reh durchs Gehölz, dauernd wendet es seinen zierlichen Kopf, aber keine Gefahr droht hier dem edlen Tiere. Nur weit, weit am Rande des Waldes, wo der kleine Steg über den Bach führt, hallt frohes Lachen in die heilige Stille des Waldschreines. Kinder, auf dem Heimwege von der Schule, sinds. Silberhell und freudedurchdrungen ist dieses Lachen. Schon wandern die beiden Freunde näher und näher dem Herzen des Waldes zu. Kleinmütig stapft Straßmaier hinter Rieger. Eine kleine Wiese öffnet sich, vom dichten Walde begrenzt, vor ihren Augen.

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