Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1937

266 die Raubvögel hie und da andere Vögel und kleines Wild erbeuten, so hat sich längst erwiesen, daß auch dies fast immer günstig im Sinne der Auslese und des Naturgleichgewichtes wirkt, nachdem schwache und kranke Beutetiere am ehesten den„Räubern“ anheimfallen. Hat sich doch in einem großen deutschen Bezirke, wo der Versuch durchgeführt wurde, alles „Raubzeug“ vollständig auszurotten, der Wildstand zwar im ersten Jahr eine Spur vermehrt, in den folgenden Jahren aber brachen allerhand Wildseuchen aus, die auch den Wildstand völlig vernichteten. Wer sich über diese Dinge dauernd unterrichten und gleichzeitig den Naturschutz praktisch wirksam unterstützen will, werde Mitglied der Oesterreichischen Ge¬ sellschaft für Naturschutz und Naturkunde (Wien, 1. Bez., Herren¬ gasse 9). Der Jahresbeitrag von 5 S berechtigt zum Postbezug der von dieser Gesell¬ chaft herausgegebenen vorzüglichen Monatszeitschrift „Blätter für Naturkunde und Naturschutz“. Volksdichtung in Wort, Lied und Tanz in ihrer Beziehung zur Gegenwart. Eine Betrachtung von Prof. G. Goldbacher, Steyr. Es gibt eine Gruppe von Mitmenschen, die da meinen, daß die für Sport¬ ausbildung mannigfachster Art begeisterte, von politischen Gärungsvorgängen er¬ füllte Gegenwart nichts übrig habe für Volksdichtung in Wort und Lied, während wiederum eine andere Gruppe der Anschauung ist, daß noch nie eine Zeit hiefür günstiger gewesen ist als die gegenwärtige, und es scheint mir einer kleinen Be¬ trachtung wert, um den Beweis zu erbringen, daß die zweite Anschauung recht hat. Wer selbst durch Jahrzehnte sich mit den Dingen, welche unmittelbar aus dem wirk¬ lichen Volke entsprießen, mit Liebe befaßt hat, also mit seiner urtümlichen Kunst, seiner gemütstiefen Mundart und ihrer innigen Verbundenheit mit Dichtung und Lied, seiner herrlichen alten Musik und dem damit verbundenen Kulturgut des Volkstanzes, dem muß man zubilligen, wenn er sagt, daß noch nie in vergangenen Zeiten in fast allen europäischen Ländern die Betätigung in dieser schollen¬ verbundenen Arbeit so durchgreifend und vorwärtsstürmend war als gerade in unseren Tagen. Täglich können wir es hören, wie in allen Gegenden der Windrose bodenständige Dichtungen, echte Volkslieder, heimatentsprossene Musik und uralte Volkstänze gepflegt und durch das Wunder der Radiowellen an unser Ohr dringen, unser Gemüt ergreifen und unser Herz aufrütteln. Ein Sturm erwachenden Volksbewußtseins hat sich erhoben, erfaßt alle Gaue und pocht unabweisbar an alle Herzen. Wer anders als das Samenkorn der Zukunft, unsere begeisterungs¬ fähige Jugend, sollte ihm zuerst frei und weit ihre Tore öffnen?! Die Aufgabe der Aelteren aber ist es, darüber zu wachen, daß nichts Unwürdiges einziehe in die jugendlichen Herzen und daß das Ziel ein hohes und fortwirkendes werde. Vorüber ist, Gott sei's gedankt, der grausige Spuk einer nur das Stoffliche an¬ betenden Zeitenwoge, da der mißleitete Stadtbewohner im Landbewohner nur den „Gscherten“ sah, der ihn mit Lebensmitteln versorgte, sonst aber für seine Sprache, eine Lieder und Tänze, sein uraltes Brauchtum nur ein überlegenes spöttisches Lächeln übrig hatte und ihn höchstens zu einer willkommenen Zielscheibe ver¬ höhnender Witze, Bilder und ebensolcher Theaterstücke machte. Vorüber ist die Zeit, da man unsere schöne Mundart für ein verdorbenes Hochdeutsch hielt, da die Eltern ihren Kindern den Gebrauch der Mundart als „unanständig“ verbieten wollten und in Lesebüchern und Liederheften dem mundartlichen Gedicht und dem Volkslied ge¬ flissentlich aus dem Wege gegangen wurde und im Unterrichte die Heimatkunde nur höchst stiefmütterlich behandelt werden durfte. Allerdings hat es schon seit langem eine kleine, aber fest zusammenstehende Gemeinde schollentreuer Idealisten gegeben,

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