Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1937

264 bis in die zweite Nachthälfte hinein, so eifrig fort, daß bei ihrem regen Stoffwechsel die tägliche Nahrungsmenge das Körpergewicht übersteigt. Daß von einem „In=die=Haare=fliegen“ oder gar Blutsaugen bei unseren Fledermäusen nicht die Rede sein kann, braucht wohl heute nicht mehr besonders betont zu werden. Jedenfalls stehen sämtliche Fledermäuse unter landesgesetzlichem Schutz, ebenso wie fast alle Sing= und Raubvögel. Die für die Land= und Forstwirt¬ schaft ebenfalls außerordentlich wichtigen Eidechsen, giftlosen Schlangen, Molche, Salamander und insbesondere die Kröte sind bereits für die Erweiterung des Landesgesetzes vorgemerkt. Ein Wort noch über die Amsel, die vom Vogelkenner Sedlaczek als einer der ärgsten Obstschädlinge bezeichnet worden ist. Aber auch ihre Unverträglich¬ keit macht sie verhaßt, dabei vermag sie bis zu vier Bruten im Jahr aufzuziehen so daß sie, ebenso wie der Star, bei zu starker Vermehrung in Obst= und Stadt¬ gärten, nach eingeholter behördlicher Bewilligung, verfolgt und getötet werden darf. Mit der Amsel ist das Kapitel der „Freibrüter“ angeschnitten und da kann die An¬ lage und Erhaltung möglichst vielen dichten Buschwerks gar nicht genug empfohlen werden. Hier nisten die besten Sänger, die Grasmückenarten, vor allem das ent¬ zückende „Schwarzplattl“, die Laubsänger, Sprosser und Nachtigallen (die beiden letzteren sind leider schon lange nicht mehr dauernd in Steyr gesehen worden), ferner viele körnerfressende finkenartige Sänger, von denen vielfach gesagt worden ist, ihr Nutzen sei gering. Es ist aber erwiesen, daß sie hauptsächlich Unkrautsamen vertilgen und außerdem noch für ihre Brut eine Unmenge schädlicher Insekten verbrauchen. Es hat sich nach dem Urteil alter Vogelkenner als sehr zweckmäßig erwiesen, unter den Büschen möglichst viel altes, dürres Laub zu belassen, erstens als „Insektenfalle für die Vögel, zweitens, weil durch das Rascheln das Nahen etwelcher Feinde dem Vogel rechtzeitig angezeigt wird. Für den sogenannten „lebenden Zaun“ wird be¬ sonders Weißdorn empfohlen. Der Einwand, daß sich hier die Gespinnstmotte leicht einnistet, gilt nur für von Haus aus sehr vogelarme Gebiete. In der Nähe eines Singvogelnestes ist dies sicher nicht der Fall. —Heckenrosen, Schlehdorn= und Robinien(sogen. Akazien)=hecken und =büsche schützen die Vögel durch ihre Dornen ebenfalls besonders gut vor Katzen und — bösen Buben, weniger die Fichte mit ihren spitzen Nadeln, doch wird sie leicht dürr und sparrig, während die Weiß= oder Hainbuche durch das Beschneiden noch besonders dicht wird und oft noch über Winter das schützende Dürrlaub bewahrt. Kurz sei noch auf die Winterfütterung eingegangen, welche früh im Herbst be¬ ginnen soll, um die Vögel an die Futterstelle zu gewöhnen. Sehr wesentlich ist die morgendliche Fütterung bei plötzlicher Kälte, besonders aber bei Glatteis an den Zweigen und verspäteten Schneefällen im Frühjahr. Vor allem muß das Futter unverdorben und trocken sein, daher die Vogelfutterhäuschen mit eingeschlossenem, nachrieselndem Körnerfutter die besten sind. Besonders das feucht gewordene Brot bringt den Vögeln schwere Erkrankung! Am dankbarsten ist die Mischung von Rindstalg mit Hanf= und Sonnenblumenkernen, aufgetropft auf dichtes Astwerk, oder frei aufgestellte „Futtertannen“. Besser noch wird die Masse in kleine Kistchen oder halbe Kokosschalen eingetropft und umgekehrt mit Sitzstab versehen aufgehängt. (Sogenannte Meisenglocke.) Im allgemeinen ist aber die Schaffung und Erhaltung von Nistgelegenheiten wichtiger als die Winterfütterung. —Wer ein übriges tun will und über stehende Wasserflächen verfügt, kann den Vögeln eine sehr große Wohltat in Form einer Tränke und Badegelegenheit verschaffen. Drei oder vier an den Enden flach ver¬ bundene schmale Brettchen stellen das „Badefloß“ dar, an welches sich eine Katze nicht heranwagt. Es ist hier viel von Nutzen und Schaden die Rede gewesen, Begriffe, die sich durch die neuere Forschung gründlich geändert haben. Galt doch noch vor einem Menschenalter z. B. alles „Raubzeug, also auch Falken, Bussard, Eulen, als absolut schädlich, während sie heute als vorzügliche Mausvertilger geschätzt und vom Landesgesetz ausdrücklich geschützt werden, mit einziger Ausnahme des Habichts („Hühnerstößl“) und des Sperbers („Tauben= oder Finkenstößl“). Und wenn auch

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