Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1936

373 Die Auseinandersetzung mit dem Schutzmann hatte keine weiteren Folgen In melodischen Klängen mahnten die Domglocken zum Beginn der mehr. — Firmung. Der Nikl von der Aist beeilte sich, mit seinem Firmling in die Kirche zu kommen. Auf dem Wege dahin ermahnte er den Much väterlich, ja recht fleißig und andächtig zu beten, weil es gerade für ihn dringend vonnöten sei, vom Heiligen Geist endlich erleuchtet zu werden. Auch dieser Akt war nun vorübergegangen. Gegen Mittag finden wir den Nikl mit seinem Firmling im bezaubernden Hellbrunn, wo sie vorerst in der Restauration ihren durstigen Kehlen und hungrigen Mägen Labsal und Atzung zu¬ kommen ließen, dann besichtigten sie die Wasserkünste. Für den Herrn Göden waren diese Sehenswürdigkeiten nicht mehr so ganz neu, er hatte sie schon vor etlichen Jahren einmal beschaut. Allein der Much kam aus dem Staunen und Bewundern nicht heraus; obwohl er schon ein wenig müde geworden, waren sie doch zu Fuß nach Hellbrunn gewandert. Aber dort an jener Stelle, wo der Salzburger Schnürl¬ regen gezeigt wird, setzt sich der Much justament auf eines jener verhängnisvollen Steinstockerl und obwohl ihm der Führer bedeutet hatte, aufzustehen, blieb er, bock¬ beinig wie allzeit, bummfest sitzen. „He, he! Was ist jetztund das wieder für ein neumodisches Toifelweri!“ Er springt, waschlnaß an seinem Sitzfleisch, unter dem schallenden Gelächter der um¬ stehenden Leute wie von tausend Nadeln gestochen empor und flüchtet rasch ins Trockene. „Aber alles ist da im Salzburgischen anders: bei uns daheim regnet's halt vom Himmel herab, bei enk aber, da kommt's Wasser von der Höll herauf, so sich einer auf solch verflixten Steinsessel niedersitzt. Muß schier alles verhext sein.“ In solcher Art maulwerkt der Much eine Weile fort, bis ihn der Göd unterm Arm nimmt und ein Stückl weiterführt. Beim „Salzburger Geamäul“ angelangt, meint der Firmling, dieser fratzen¬ hafte, buntbemalte Schädel, der da Wasser aus der Nase und dem grauslichen Mund ausspeit, sei der Kopf des Leibhaftigen, welcher aus dem Tümpel rage. Daß der schiache Kunde nit schon lange ersoffen sei, geht über Muchs Verstand. Weiter geht es nachher zur Vogelgrotte mit dem Locken und Gezwitscher der verschieden¬ artigsten Sänger aus dem Vogelreich. Die auf= und abgleitende Krone, Hand¬ werkergrotte usw., alles ist für den weltfremden Mühlviertler Firmling ein Buch mit sieben Siegel, er schüttelt nur bedenklich den Kopf. Das ganze Gespiel gehe nicht mit richtigen Dingen zu, meint er zum Herrn Göd, der ihn nun über dies und jenes aufklärt. Fällt dem Nikl ein, zum Monatsschlössel müßten sie auch noch hinauf, wo es allerhand zu sehen gebe. Also stapfen sie rüstig etwas bergan. Richtig, da steht es schon das Monatsschlössel und unweit ein Wegzeiger mit der Aufschrift: „Zum Steintheater“. Vom selben hat der Göd auch noch nichts gehört. „Siehst, Much, kommen wir zu einem Theater auch noch,“ sagte er, „selbes müssen wir uns anschauen. Leicht, daß bald gespielt wird, schleunen wir uns halt ein wenig.“ „Wenn der Herr Göd glaubt, nachher... ein Theater seh' ich für mein Leben gern.“ Also schlenderten sie weiter, so rasch, als es die kurzen Beine des Müllers ver¬ trugen. Unterwegs begegnete ihnen ein junger Mensch, anscheinend Student, den frugen sie, ob jetzt gespielt werde im Steintheater und ob ein lustiges Stückl auf¬ geführt würde. Der junge Mann, dem der Schalk aus den Augen leuchtete, be¬ trachtete ein Weilchen die beiden. „Freilich wird gespielt, ein lustiges Stückl auch noch: „Zwei Mühlviertler“ heißt es. Ihr müßt aber rasch gehen, sonst versäumt ihr den Anfang. „Fleißigen Dank für die Auskunft,“ nickt der Herr Göd. „Sel wird eine Gaudi,“ lacht der Much, vor Vergnügen auf seine Beine klatschend, dann gingen sie fest drauf los. Bald standen sie vor dem Steintheater, dieser von der Natur gebildeten Formation aus Sandstein, einer Bühne mit Kulissen, Bogen, Galerie usw. ähnlich. Doch ganz mutterseelenallein sind die beiden dort gestanden.

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