Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1936

372 „Mußt dich ein weniges schicken in die Stadtbräuch,“ raunt er ihm in leisem Tadel zu, „ist alles anders bei den Herrischen wie daheim.“ „Aft krieg i kein Häfen voll?“ äußerte besorgt der hungrige Kunde. „Na, na, brauchst keine Sorg' zu haben, grad genug kriegst und ist dir auch von Herzen vergönnt. Und. .. da, greif zu.“ Damit schob ihm der Göd zwei Körbeln entgegen, das eine mit Gugelhupfstücken, das andere mit Semmeln und Weinbeerlkipferl voll belegt. „Ah so, na nachher...,“ nickte der Much befriedigt und ließ sich nicht erst eine Weil' nötigen. Die eine Hand griff nach einem Trumm Gugelhupf, die andere holte das größte Weinbeerlkipferl heraus. Dazu kam jetzt der Markör mit der großen Kanne Kaffee angerückt, so daß es dem Much beinahe zu drabig geworden wäre. Der Befrackte mußte ihm zu Hilfe kommen, denn der Much wollte gleich aus der Kanne trinken. „Verzeihen!“ lächelte der Markör, „das wird anders gemacht bei uns.“ Damit nahm er dem Unbeholfenen die Kanne aus der Hand und kredenzte ihm in einer Schale von respektabler Größe das duftende Getränk, die Zuckerwürfel schob er ihm auch zur Hand. Der nun Befriedigte sagte kein Wörtl mehr. Der große beigegebene silberne Eßlöffel diente ihm als brauchbares Instrument, um dem Vertilgungsakt von Gugelhupf, Weinbeerlkipferl und Kaffee die richtige Weihe zu geben. Einge¬ brockt hat der Much, daß zuweilen ein ganzer Sterz entstand, dazu goß ihm der Herr Göd aus Kaffee= und Milchkanne fleißig nach. Endlich stand es an, der gute Mann konnte nimmer, aber Brot= und Gugelhupfkörberl waren auch leer. „Hat's dir g’schmeckt, Much?“ frug ihn der Herr Göd schmunzelnd. „Wohl, wohl!“ gröhlte der, noch an dem letzten Brocken kauend. „Aber zuwegen hat der Kellner so ein Enztrumm Schneuztüchel hergelegt?“ (Er meinte damit die Serviette. „Na halt, daß du dir's Leibl und die Hose nit anpatzen tätest.“ „Ah sol... Haben aber g’spassige Bräuch, die Stadtleut. Wär' grad nit nötig g’wesen, d’ Muatta hat mir eh a drei Stück Schneuztücheln in Sack g'steckt.“ Nachher wollte der Much sein „Gstemm“ (Tabakpfeife) herauskramen und fing schon an, umständlich mit dem Pfeifenstörer herumzuwerken, doch der Göd bedeutete ihm, den Stinktögel einzustecken, dafür bekam er eine gute Zigarre. Na also, das ist auch nit verlaubt, da hört sich doch schon allerhand auf, dachte Nikls Firmling. Konnten schon noch ein Zeitlein herumschlendern in der Stadt, ehvor die ehernen Stimmen von den Türmen der Domkirche zur Firmung riefen. War vieler¬ lei zu bestaunen und der Herr Göd wurde nicht müde, dem Much dies und jenes zu erklären. Doch da hat er den Zoch nur ein kleinwinzig Eichtl aus den Augen gelassen... genug war's. Der Herr Göd schaut links und rechts, vorn und hinten, doch der Much schien gleichsam vom Straßenpflaster verschlungen worden zu sein. Der Nikl läuft straßauf, straßab, doch nirgends ist eine Spur von dem Ausreißer zu entdecken. Müde und abgehetzt kommt das dicke Männlein, das den patschigen Firmling in jenes Land verwünscht, wo der Pfeffer wächst, an die Salzachbrücke. Hallo, gibt's da einen Auflauf! Eine ganze Runde drängt sich um einen Schutz¬ mann, der mit jemand in Streit geraten ist. —Du liebes Herrgöttl, wird doch nicht etwa der Much... Also rumpelt es dem Nikl von der Aist durch den Kopf. Er wühlt sich sogleich durch den teils lachenden, teils schimpfenden Menschenknäuel. Richtig ist's der Much, welcher die Ansammlung hervorgerufen! Der Wachmann hat ihn rechts gehen geheißen, der aber besteht obstinat darauf, links zu gehen. Sel wären ihm Faxen, dürft einer nit gehen, wo es ihm lustet, er muß doch seinen Göden suchen und sie beide sind auf der Straße alleweil auf der linken Seite ge¬ blieben, also müßte er ihn auf dieser Seite auch wieder finden. Nachher... zwei Schilling soll er sogleich Strafe zahlen, sonst würde er eingesperrt. Könnt ihm abgehen! Ist höchste Zeit gewesen, daß der Herr Göd vermittelnd inzwischen trat und den Sachverhalt erklärte, sonst wäre der Much anstatt zur Firmung in den Schumpers gewandert.

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