Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1936

369 um den Tisch sitzen und Rosenkranz beten. Mag es stürmen, mag es eisige Flocken werfen, hier ist ein göttlicher Odem von Ruhe und Frieden. Ein stiller Zauber liegt über dieser Stube und über den freundlichen Be¬ wohnern. Die Frau bringt Milch und Brot. Das Brot ist hart wie Stein und muß mit Meißel und Hammer zerkleinert werden, denn es wird nur alle halbe Jahre einmal gebacken. Fast erscheint es uns wie ein Märchen und doch liegt so viel stählerne Gesundheit in dem steinharten Brot, daß der Vater des Bauern mit achtundachtzig Jahren noch ein Bild urwüchsiger Gesundheit bietet. Nur schwer trenne ich mich von dem Frieden dieser Leute, aber ich trage ein Stückchen Zufriedenheit mit im Herzen und ein schönes Stück Gottvertrauen! Hier ist österreichisches Bauerntum, zähes Bergvolk von altem Schlag.Mag alles geschäftliche Leben in Südtirol sich italienisch abwickeln, diese der Grenze nahen Bergbauern sind auch im Herzen Oesterreicher geblieben. In Doblach selbst sind die meisten Kurgäste Italiener, sie kommen von Rom, Neapel, Venedig, um in dieser weltabgeschiedenen Bergwelt neue Kraft zu sammeln für die Tage geschäftlichen Erwerbes. Stolze Besitzerfreude an diesem herrlichen Fleckchen Erde leuchtet aus ihren dunklen Glutaugen. Uns Oesterreicher beschleicht freilich tiefe Wehmut, je mehr wir von der Schön¬ heit der Dolomitenwelt sehen. Tief in das Herz der Berge führt uns die weiß=blaue Dolomitenbahn, immer schöner und reichhaltiger wird die Szenerie. Aber es kommt der Abschied schneller, als man es wünscht, es heißt all das Schöne zurücklassen, wieder in den Trab des Alltags treten. Dann stampfen wieder einmal die Räder des Dampfrosses, Zollrevision ist hinter uns, der Zug eilt in die Nacht hinein, Südtirol liegt hinter uns, wir haben wieder österreichischen Boden unter uns, die Nacht ist dunkel, düster Regenschauer schlagen an die geschlossenen Fenster, es herbstelt, uns friert, eng hüllen wir uns in die warmen Mäntel und durchdösen die Nacht. Am Morgen lacht wieder die Sonne, nicht so lockend, nicht so heiß wie in Süd¬ tirol, aber es ist die behagliche Sonne der Heimat, an der wir uns räkelnd freuen. e e Sen en Heiteres. „Als ich im vorigen Jahr in Indien war, „Warum nennt man die Frau die passierte mir etwas Merkwürdiges. Stellen Lebensgefährtin des Mannes?“ — „Weil sie Sie sich vor, eines Tages befinde ich mich sein ganzes Leben gefährdet, Herr Lehrer.“ auf der Jagd im Urwald, nur von einem „Ich habe dem alten Meier zuliebe Eingeborenen begleitet, als sich plötzlich dicht seinen Sohn ins Geschäft genommen, aber vor mir eine große Boa erhob. Ehe ich noch der Bursche taugt absolut nichts. In drei Ab¬ schießen konnte, hatte der Eingeborene ein teilungen war er schon und überall schläft — er. kleines Instrument an den Mund gesetzt „Wissen Sie was, stecken Sie ihn in “ ein Pfiff — und die Boa war verschwunden!" die Nachthemdenabteilung und heften Sie —„Glauben Sie, daß so etwas nur in ihm eine Karte an die Brust: Unsere Nacht¬ Indien passieren kann? Da ist mein Erlebnis hemden sind von so hervorragender Quali¬ hier noch viel merkwürdiger! Ging ich da tät, daß selbst der Angestellte, der sie ver¬ kauft, einschlafen muß! neulich mit meiner Frau in ein Restaurant, wir machten es uns bequem, und meine „Wo haben Sie Ihren Gatten eigentlich kennen gelernt?“ Frau legte ihre Boa auf einen Stuhl. Plötz¬ „Auf der Landstraße. „Wieso? — lich war die Boa verschwunden und keiner „Ja, als unsere Autos zu¬ sammenstießen.“ hatte gepfiffen. „Aha“, sagte der Gast, als sie sich dem „Kellner!“ rief der Gast wütend. „Das Fleisch ist ja ganz schwarz verbrannt! Haus näherten. „Ich sehe, Ihr Sohn und „Entschuldigen Sie, mein Herr, Zeichen der Ihre Tochter erwarten uns vor der Tür.“ Trauer“, erwiderte „Nein“, erklärte der Wirt, „das Mädchen im der Kellner feierlich, kurzen Rock ist meine Mutter und der junge „unser Chef ist gestern gestorben. Bursche in Pumphosen ist meine Frau. 24

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